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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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361 Urteil Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ Franz A., der sich Geld » für eine Unterhaltung « erhoffte, wertete das Gericht es dagegen als erschwerenden Umstand, » dass der Angeklagte materieller Vorteile wegen ohne geschlechtliche Not sich von W. miss- brauchen liess. « 1669 Insgesamt blieben die Strafen, die vom Landesgericht Linz wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht verhängt wurden, weit unter dem vor- gesehenen Strafrahmen von ein bis fünf Jahren schwerem Kerker. Meist wurde vom außerordentlichen Strafmilderungsrecht nach § 54 StG 1852 Gebrauch gemacht, das eine Verkürzung der gesetzlich vorgesehenen Strafdauer auf unter sechs Monate erlaubte, wenn mehrere Milde- rungsgründe vorlagen, die » die Besserung des Verbrechers erwarten lassen. « 1670 Die durchschnittliche Dauer der verhängten Strafen betrug etwa drei Monate in Verfahren vor dem Einzelrichter und vier Monate in Verfahren vor dem Gerichtshof erster Instanz.1671 Von der durch die Strafgesetznovelle 1918 1672 eingeräumten Möglichkeit, an Stelle einer Kerkerstrafe auf die Strafe des strengen Arrestes zu erkennen, wenn der Täter oder die Täterin zur Zeit der Tat noch nicht achtzehn Jahre alt war, mildernde Umstände vorlagen, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekamen oder die Tat nur auf » Übermut, Un- besonnenheit oder besonders verlockende Gelegenheit « ( Art VI Strafge- setznovelle 1918 ) zurückzuführen war, wurde in vierzig Prozent der Fälle Gebrauch gemacht. Bei etwas mehr als der Hälfte der verhängten Stra- fen handelte es sich außerdem um bedingte Verurteilungen.1673 Abwei- chungen von den im Strafgesetz 1852 angedrohten Strafen waren auch im jugendgerichtlichen Verfahren vorgesehen.1674 Die weitgehende An- wendung des außerordentlichen Milderungsrechtes, die Umwandlung von Kerker- in Arreststrafen und die Verhängung bedingter Freiheits- gründe doch auf eine » gewisse Notlage «, vgl OÖLA, BG / LG Linz Sch 490, 6 E Vr 2218 / 36, Urteil vom 11. Dezember 1936. 1669 OÖLA, BG / LG Linz Sch 358, 13 Vr 471 / 30, Urteil vom 26. April 1930. 1670 Dagegen stellte die in § 55 StG 1852 vorgesehene Möglichkeit der Verhängung ei- ner kürzeren, aber verschärften Strafe, wenn der Täter oder die Täterin für eine » schuldlose « Familie zu sorgen hatte, kein Milderungs-, sondern ein Strafum- wandlungsrecht dar, vgl Altmann Ludwig / Jacob Siegfried, Kommentar 211 f. 1671 Dies entspricht dem gesamtösterreichischen Mittel auch noch in den 1930 er Jah- ren, vgl Müller Albert / Fleck Christian, ÖZG 1998, 402. 1672 Gesetz vom 5. Dezember 1918, womit mehrere Bestimmungen des Strafgesetzes abgeändert werden ( Strafgesetznovelle vom Jahre 1918 ), StGBl 1918 / 92. 1673 Vgl Gesetz vom 23. Juli 1920 über die bedingte Verurteilung, StGBl 1920 / 373. 1674 Dazu und zu deren Anwendung siehe Kapitel V.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
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