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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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368 IX. Rechtsmittel und Gnadengesuche Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ Der reformierte Strafprozess erreichte mit der Hauptverhandlung und der anschließenden Urteilsverkündung seinen Höhepunkt. Beide Vorgänge waren jedoch nicht mit dem juristischen Ende des » Falles « gleichzusetzen. Zwar war das Gericht mit der Verkündung des Urteils an seine Entscheidung gebunden, für die Parteien des Strafverfahrens bestand dagegen die Möglichkeit, den Urteilsspruch innerhalb einer bestimmten Frist durch Rechtsmittel zu bekämpfen. Erst wenn dieses Recht ausgeschöpft oder erloschen war, wurde das Urteil unanfechtbar und im formellen Sinne rechtskräftig.1686 Zu den ordentlichen Rechts- mitteln zählte im schöffengerichtlichen Verfahren die Berufung und die Nichtigkeitsbeschwerde.1687 Das vereinfachte Verfahren vor dem Einzelrichter erlaubte hinsichtlich der Anfechtung richterlicher Ent- scheidungen bis 1926 die so genannte » volle Berufung « gegen den Aus- spruch über die Schuld und die Strafe.1688 Nach der Wiedereinführung des vereinfachten Verfahrens 1934 war eine volle Berufung gegen die einzelrichterliche Entscheidung nicht länger vorgesehen. Es standen nunmehr dieselben Rechtsmittel offen wie im Verfahren vor dem Schöf- fengericht. Erhob eine Partei des Strafverfahrens ein Rechtsmittel, so tat sie dies mit dem Ziel, dass eine neue Entscheidung den bekämpften ge- richtlichen Ausspruch entweder aufheben oder abändern möge.1689 Hierbei ließen sich mit der Nichtigkeitsbeschwerde bestimmte Form- widrigkeiten des Verfahrens oder eine unrichtige Gesetzesanwendung beim Obersten Gerichtshof bekämpfen. Mit der Berufung wurde der Ausspruch über die Strafe beim Gerichtshof zweiter Instanz moniert.1690 Durch die Erhebung eines Rechtsmittels konnten Angeklagte eine neue Sprechsituation eröffnen und versuchen, Dinge zur Sprache zu bringen, 1686 Dazu trat die materielle Rechtskraft, die eine weitere Entscheidung in derselben Sache ausschloss, vgl Lohsing Ernst, Strafprozeßrecht 3 392 f. 1687 Auch im geschworenengerichtlichen Verfahren waren Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung die ordentlichen Rechtsmittel. Die §§ 113, 114, 478 und 481 StPO 1873 verwendeten darüber hinaus auch für die Beschwerde gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters und der Ratskammer, gegen Abwesenheitsurteile im bezirksgerichtlichen Verfahren sowie gegen Entscheidungen des Bezirksgerichtes, die nicht der Berufung unterlagen, die Bezeichnung » Rechtsmittel «. Vgl auch Loh- sing Ernst, Strafprozeßrecht 3 448. 1688 Damit war im vereinfachten Verfahren dasselbe Rechtsmittelverfahren vorgesehen wie im bezirksgerichtlichen Verfahren in Übertretungsfällen. 1689 Vgl Vargha Julius, Strafprozessrecht 2 394. 1690 Zu den weiterreichenden Anfechtungsmöglichkeiten durch eine volle Berufung während der erstmaligen Geltungsdauer des vereinfachten Verfahrens siehe unten.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
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