Page - 4 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume I
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Einleitung.
in kurzer Zeit Versäumtes nachholen nnd sich
zu einer dann glänzend bestandenen Prüfung
vorbereiten. Bei der Belagerung Wiens durch
die Franzosen stand er mit auf ixn Wälle»,
Er war ein guter Patriot; sein erstes uns er-
haltenes Gedicht war aus patriotischem ^»grimm
über die durch die schlechte Führung verschul-
deten Niederlagen der Österreicher hervorgc-
Cäugerin eines lleinen Theaters gerichtet, atmet
eine glühende Sinnlichkeit, welche in schwül-
stigen Wendungen bisweilen an die Zchillerschc
Anthologie erinnert. Grillparzer war 16 Jahre
alt, als in seiner Familie eine Katastrophe ein»
trat, welche für sein ferneres Lebeusschicksal ent-
scheidend war, Sei» Vater, der tinz vorher
längerer Zeit leidend; die Zeitereignisse, das
Unglück Österreichs und zerrüttete V^riuogcnv
r.'rhältiiisse beschleunigten seinen Tod; er ließ
die Familie ganz mittellos zurück. Tie Söhne
mußten sehen, wie sie sich durch die Welt
schlugen, Grillparzer nahm zuuächst eine Haus-
lehrcrstclle bei einem Grafen an, deu er ans
seine Güter nach Mähren und dann wieder zu-
rück nach Wie» begleitete; gleichzeitig arbeitete
er hier als Beamter der Bibliothek zunächst
ohne Entlohnung. Eine schwere Ertrmitiing,
von der er noch in Mähren befallen worden war,
hatte seine an sich schwache Gesundheit aus
längere Zeit hinaus sehr geschädigt. Seine
Ctell»»g bei der Bibliothek war indes eine so
ll>issi,ch!slose, daß seine Verwaudteu mit ei»
flußrcichcn Persönlichkeiten Rücksprache nahmen,
um ihm eine günstigere Verwendung im Staats-
dienste zn verschaffen. Ncr Vizepräsident der
Fiiianzhofkammer, Graf Herberstein, der Grill«
parzcrs Vater gekannt und geachtet hatlc, sorgte
Verwaltung zugeteilt nnd im Protokoll >.->a»pt>
zoll» und Vcrzehrungsstencramt beschäftigt
durch eintrat, daß er mit einer dramatischen
Tichtung allgemeines Aussehen erregte.
Wir habeu schon gesehen, daß er einmal
seinen Pegasus eiuen Ritt in daZ Land der
politischen Lyrik machen, ein anderes Mal uor
einer kleinen Sängerin ritterlich tnrl'ettieie»
ließ. Sein Vater hatte indes von den poetischen
Leistungen des Sohnes eine geringe Meinung;
er stellte ihm das Horoskop, daß er bei der
ferneren Pflege dieser törichten Beschäftigung
ans dem Mist krepieren werde. Schon während
regt durch die Aufführuug Schillerscher "Dramen,
schrieben, wobei ei den „Don Carlos" im Auge
hatte; doch war es noch viel länger geraten
als das Schillersche Trauerspiel und hatte den
gleichen Fehler, daß in der Mitte der Plau ^>i!ni emlenlte, !^r v.'rsnchte da>> 3ti>ck, dessen
toff der spanischen Geschichte entnommen war
wandlen, welcher ^ctielär deo >.^'i!!n'al«^ war,
m,f die Online ,;n ln'!!!,i/n', dl'ch der versuch
scheiterte der etwas nachlnjjige ,verr hatlc in
ein Stück von fo abscln^I^ndeni Umia», n>0!,l
nur flüchtig l!i»ei»gel'liäi; der TillNer aber
gelobte sich »ach dieser traurigen Ersalnii»g, der
drainatischen Mnse snr ininnr >» cinsagcu.
der Eigenart des eiuzelneu gegeln-n ist. Grill
parzer war ein g^l^ncncr Tranmtiter — nud
so kehrte er immer wieder znr drnniat,i>>'c,i
Muse zurück, hatten fllNn'r die großen Vm -
bildcr Schillers, Goetyc^, ^lmleip^neo iln, ,i>>r
'ic'acheiserung angespornt, so fand er eine m'n.'
Auregnng in seiner Beslluiitigiing mit der
spanischen Literatur, Als Praktikant dee ,vof
bibliothet betrieb er cisrig das Studium der
spauischen Sprache, zugleich mit dem^i'iechijchcu,
das er mit einem «ollegen zusamuieu in de,ü
Mannstr>p!e,,!abiuctt der Bil'liothet studierte,
bis der erste >lnste,o dl'e Änsl>i!l sie aus diesem
l'alnix't 8ep2ls vertrieb, Grillparzer las die
griechischen Tragiker in der Ursplachc; das hatte
er vor nnseli, großen Weimal'ischen Tichtern
voraus ^ nnd hierin lag ein !''>>'gengcw,>l t
gegcu die spanische Ronmutik, das seinen eignen
3ch0pfn»gen sehr zugute kam. Zunächst fessel» u
ihn indes Calderons ?,chlwerte »nd er l'egann,
wenn auch im Interesse seiner spva>l!>,>!>. li
Studien, „das Leben ein Traum" in de>,>n»e
Verse zu übersetzen. Ein Freund, der diese
Arbeit zu lesen wünschte, fand sie vortteislich
und teilte sie dem Redakteur der literarisch»
kritischen Modenzeitung mit, der diese günslige
Meinung teilte und nm die Erlaubnis bat, sie
iu seinein Blatte veröffentlichen zn dürfen; die
Erlaubnis wurde erteilt, aber die Vcrüjfent'
lichnug ließ auf sich warten, Ta erschien ans
der Bühne die Übersetzung der Laldcronschen
Tichtung von West, das Pseudommi fnr d.n
damaligen Nramaturgeu des Hoftheatcrs 3>lne>!°
Vogel, und tags darauf las mau in der Moden»
zeitung die zwei ersten Szenen der Grillpar>»
scheu Üversetznng, welche der Redaltenr l»,,»!,!,-,
um dara» eine scharfe «ritik über die Wesijch^
Bearbeitung zu knüpfen. Schn'»voge>, d.r
sri,!,er niit der Grillparzerfchcn Familie in Ve
zichnngcn gestanden, ließ dem Tichter seine E>,t-
rüstung über diese Intrigue mi!teileu,^»'iii>l'
parzer kouute seine Uuschnld beteuern. Schrey»
Vogel wünschte jetzt ihu selbst zu sprechen, zwei-
mal, dreimal vergeblich, Grillparzer ließ sich
,-,nle',,t von einem gemeinsamen ^etannlen fast
zwangsweise hineslorticrcn — nnd er fand jent
iu Schrehvogel einen Förderer und >'wnm',,
der sich bald tatkräftig bewahre» sollte. Er
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume I
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- I
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.7 x 17.1 cm
- Pages
- 600
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515