Page - 7 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume I
Image of the Page - 7 -
Text of the Page - 7 -
Einleitung.
Zerstreuung und Heilung bringen. Ein nach
Nom reisender Gras Tcym wünschte einen Reise-
begleiter; so fuhr Grillparzer in der Equipage
desselben in das Land, wo die Zitronen blühn.
Seine Abenteuer bei dieser Reise erzählt er
in seiner Selbstbiographie; am lustigsten war
wohl die Begegnung mit der Kaiserin, der er
vorgestellt werden sollte; auf einem Esel sitzend
begegnete er ani Vesuv der Kauallade, in deren
Mitte sich die «aiserin befand, Nas störrische
Tier machte aber eine Wendung, von der es
sich nicht abbringen ließ, so daß es der Majestät
und ihrem Gefolge den Rücken zukehrte, Ter
Tichter der Saftpho befand sich in gleicher Lage;
so sah er nichts von der Mouarchin ^ und was
die Monarchin von ihm sah, war nicht seine
Gl«,zseite, In Rom erkrankt, in Neapel wochen-
lang gefesselt durch die Erkrankung sein« Be-
schützers, des Grafen Wurmbrand, kounte er
dann ini Gefolge der Kaiserin, für deren Sekre-
tär er galt, die Rückreise nach Wien antreten,
Ncr Kolcherin war es nicht so gut ergangen
wie der Iphigenic Goethes, welche unter dem
Himmel Italiens sich zu schönster Blüte ent-
faltete, Grillparzcr schrieb dort keine Zeile an
bildcr geschaffen; eins derselben, die Ruinen des
Campn Vacciuo, iu dein Taschenbuch Aglaja
erschienen, gab Anlaß zu Ärgernissen mit den
BeHürden und brachte den Nichtcr in eine schiefe
Ter Verleger hatte ohne sein Wiffen die Aglaja
der Kronprinzessin von Bayern gewidmet, Ter
Kronprinz nahm Anstoß an dem Gedicht und
solches Poem dir wiener Zensur habe passieren
tonnen, Tarübcr große Aufregung in allen
Ministcrial« und Polizeibureaus, Untersuchungen
und Verhöre, Ter Zensor war Schreyvogel,
dessen Stellung selbst durch die Milde seiner
Zensur bedroht wurde, Grillparzer hatte in
seinem Gedicht das Kreuz auf dem Kolosseum
fortgewünscht und zwar mit einer gewissen
dichterischen Entrüstung, Nun hatte aber Papst
PiuZ VII, das Kreuz auf den Ruinen wieder auf-
Papsies in diesem dichterischen Protest, Nbe'.all
als er für die Stelle eines Nkripturs in der
Privalbibliothek des Kaifers empfolslen worden
war, meinte dieser, er tauge wohl dazu, wenn
er nur die Geschichte mit dem Papste nicht ge-
habt hätte. So erhielt Grillparzer die Stelle
uicht,
Ubcr dem Tod der Mutter, der italienischen
Reise und den unangenehmen Ärgernissen, die
sich an sie anschlössen, war ihm das „goldene
Vließ" fast aus dem Gedächtnis gekommen. Mit
der Tochter der Schriftstellerin Caroline Pichler
spielte er einmal vierhändig die M,^art,chc
U'HwII'Symvhonic, Er hatte fic oft mit dcr Mutter gespielt, kurz vor ihrem Tode, als cl
sich mit dem „goldenen Vließ" beschäftigte. So
Werk, Im November 1820 erhielt Schrenuogel
das zu Ende geführte „goldene Vließ"; am
23, März 1821 wurden der „Gastfrennd" und
Bnrgthcatcr aufgeführt, Ter Erfolg war nicht
so durchschlagend, wie bei der „Ahufrau" un)
der „Sappho"; die Kritik war zum Teil un-
Bühne eine große Wirkung aus. Nie vHu der
Trilogie losgelöste „Medea" ist bis ani den
heutigen Tag eine Glanzrolle großer Tr^igö-
dinnen geblieben,
Ter antike Sagcnstoff mag an die Nibelungen
auf anderen Voraussetzungen zu einer tragischen
Vöhe auf, deren erschütternde Macht nur durch
einen mcittaustonenden Schluß gebrochen wird,
nicht ohne dramatisch?Lebendigkeit; doch s>,l w.i,,!t
und Medea, das sich unter so verhängnisvollen
umständen in der düstern Beleuchtung eincs
dämonischen Kultus nach feindseliger Begegnung
findet. In der „Mcdea" aber ist der Gegensatz
zwischen asiatischer Barbarei und hellenischer
Voll in ihr eine Fremde sieht und ihr das
Bürgerrecht versagt. Auch Iason erblickt in
ihr allmählich mit immer wachsender Ent>
M'mdnng die Barbarin; ein lieitt'ivo gricchi»
scheö .^lädchen hat es ihm angetan, Medca, aufs
seliger Leidenschaft führt eine psychologische
Stnfenleiter empor, die der Nichter mit wohl»
erwogener Steigern»,g anlegt und die den lar»
bietet, Tas Antik-Zigeunerhafte dieser „Medea"
Mörderin trotz der widerstrebenden Empfin-
dungen eines modernen Publikums überall zum
dramatischen Siege vcrholfen lnit.
Mochte es der geringere Erfolg deo „goldencn
Vließ" sein, mochte den Nichter selbst, wie er
wir sehen ihn auf einmal auf den, >^l'>.'l.'
der historischen Tragödie, des vaterländischen
Nramas, Zwar an den shalespeareschen Histu-
doch lehnt sein Trama „König Oskars Glück
und Ende" sich mehr an die shakespeareschcn
back to the
book Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume I"
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume I
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- I
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.7 x 17.1 cm
- Pages
- 600
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515