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416 Die Jüdin von Toledo.
Das ist die Art der tugendhaften Weiber,
Daß ewig sie mit ihrer Tugend zahle»,
Vist du betrübt, so trösten sie mit Tugend,
Nie dir zuletzt die Heiterkeit benimmt,
Wohl gar die Sünde zeigt als cinz'ge Rettung,
Was man die Tugend nennt, sind Tugenden,
Verschieden, mannigfalt nach Zeit nud 3age,
Und nicht ein hohles Bild, das ohne Fehl,
Noch eücn drnin auch wieder ohne Vurzng,
Ich will die Kette nur vom Halse lege»,
Teuu sie erinnert mich —
I!no dann, Lenorc,
Naß dn mit den Vasallen dich verbündet,
Nas war nicht gut, war nnllng, widrig.
Wenn du mir zürnst, bist du in deiuem Recht;
Was wollen sie? Bin ich ein Kiud, ein Knabe,
Der noch nicht weiß, was er sich selber schuldet?
Nes Reiches Sorge teilen sie mit mir,
Und gleiche Sorge, weiß ich, ist mir Pflicht,
Noch ich, Alfonso, ich, der Mensch, der Mann
In im'iucm Hans, in meinem Sein nud Wesen,
Schuld' ich des Reiches Männern Rechenschaft?
Nicht so! Und hört' ich nichts als meinen Zorn,
Ich kehrte rasch zurück, woher ich kam,
Nicht ihrer Billigung ich nutertau,
N>i,„Vic>,t,,>
Und endlich dieser Alte, Non Manriquez,
Wenn er mir Vorniuud war, ist er es noch?
zurück.
Erkühnt el sich, dem >löuig vorzuschreiben
Die hausgcvackucu Lehren seiner Weisheit?
Wohl gar zu heimlicher, verwegner Tat —?
Ich will das untersuchen, ich, als Richter,
Und zeigt sich eiuc ^vnr nur von Vcrgehn,
Von frevelhafter Absicht oder Tat,
Nur um so härter büß er sein Erkühnen.
Nicht dn, Lcuore, nein, dn bist entschuldigt,
lDie Königin hüt sich wähn-nd dcs lctztcn leise durch die
Wo ging sie hin? So läßt man mich aNein?
Vin ich der Tor in meinem eignen Hans?
Ich will zu ihr! — Nie Tür verschlossen?
Ans!
So nehm' ich mir im Sturm mein häuslich Glück,
Mannn»cz.
Willst du init uns? Garcnnn,
Mein Vater!
Manrinucz,
Wil,st d» nicht?
Die andern sind voran, folgst dn?
Garcirnn,
Ich folge,
<Lie zichc» sich ;ui,,cl, dic I,,l »cl>t zu,>
Künig.
Horch wieder! — Cc> ist nichts, nud alles stille -^
Nie Zimmer meiner ^>m,n !>er, verlasse,, i
Nücktehrcnd aber, in der ^rlelstube,
Bin ich allein? — He, oiarccran! Ncinero!
Küiiif,.
Was ist? Was geht hier u»r?
Erlauchter Herr,
Das Schloß ist menschenleer: Il)r selbst nud ich
Zurzeit die ciuzig Icbcudeu Bewohner,
Künig.
Die Köuigiu?
Schon nach Toledo dcnn znrück?
Kxnppc.
Allein die Herren —
Verließ dns Schloß zu Nagen,
Ich weiß nicht.
Welche Herrn?
Die S!äi>dc,
Die sich gesamt ans ihre Pferde schwangen,
Sie nahmen il,ren äveg nicht nach Toledo,
Vielmehr den Weg, auf dem Ihr selber lanit,
König.
Ha! nach Retiro? Fällt's wie Schnvvcu doch
Von meinen sehcudeu nnd blinden Augen!
Aas ist der Mord! Sie gehen, sie zu töten.
Mein Pscrd! Mein Pferd!
Knappe.
Das Vnre, hoher Herr,
Ward als gelähmt, wie fclber ^l)r befahlt —
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume I
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- I
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.7 x 17.1 cm
- Pages
- 600
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515