Page - 503 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume I
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Ubussa. 503
Ihr schweigt? Sind eure blanken Schwerter
Vorte?
Und heischt mcin Leb?» eure milde Frau?
O Güte, Güte, himmelsgleichc Güte,
^ö:e preist dich hochentznckt ein ganzes Land!
Ich aber nenn' es Willkür, Wciberlanne,
Nie, nur geleitet durch ein blind Gefühl,
hier ausgicßt ihres Füllhorns Uberslns;,
Weil der Empfänger nah, weil er genehm.
Weil ihm ein dunkles Etwas Gunst verleiht,
Tort wieder nimmt, weil doch parteiisch Geben
Ein Gebe» und ein Nehmen ist zugleich,
Ls ist die Welt lein traumgcschaffner Gurten,
Wo Tust und Farbcuglanz den Platz bestimmt,
Nie Nose Königin, und Nante, Lattich
Das Unkraut, das man austilgt mit dem Fuß;
Ein Ungefähr verlieh mir Wert und Huld,
Noch beides nimmt ein launisch Zürnen wieder.
Und wenn Freigebigkeit aus himmelshöh'n
.herniederstiege zu der armen Erde,
Sie müßte stehen menschlichein Ermessen
Und Antwort geben, wenn gefragt: warum?
Ich will gewogen sein mit gleicher Wage,
Wie hoch mein Anspruch und wie tief mein Fehl,
Der Willkür fügt kein Freier sich, kein Manu,
Ich sehe Ketten dort in euern Händen —
hier sind die meinen, legt mir Fesseln an!
In Turmesnacht, von Lebenden geschieden.
Will ich das Loblied singen eurer Frau,
Mich selber richten^ daß ich ihr vertraut,
Nir scheinen Ketten zu gelinde Strafe,
Ich seh's, du zückst das Schwert auf meiuc Vrust,
Wohl weiß ich, was ihr wollt, was ihr begehrt;
Ich aber sagte: Nein, uud sag' es noch.
War's auch ein Spiel nur, ein verwegner Scherz,
Nen Übermut zu bändigen durch List,
Ten Anspruch mir zu wahre», der mein Nccht,
Auf eurer Fürstin Nant und Anerkennung,
hab' ich's verweigert, su verwcigr' ich's noch,
Mein Leben setz' ich ein für meinen Willen,
Stoß, Mörder, zu! Ich bin in eurer Macht,
v°r, Ei ,st licht,
PrlmislllUs lempoiblickcnd).
War das das Zeichen blutigen Vollzugs?
Nu selber bist's? So traf mich schon der Stoß,
Und wall' ich jenseits in den sel'gen Fluren,
Wo dieser Erde Truck und bittres Leiden
Als Kranz sich wiudet um der Sel'gcn Haupt?
Vu bist es nicht, du bist dein eigner Schatten,
Eei mir, dem gleichen schatten, denn a/gnisu,
Lllmssa.
Du lebst, doch leb' auch ich. Ich bin Libussa
lind rühme mich Gerechten als gerecht. Tu hast mich schwer beschuldigt, und ich
Nir Nede stehen, zu vertcid'gen mich,
Primislaus.
Vcrteid'gcn dich? Vist du denn nicht die Hohe,
Nie himmlische, den hohen Göttern ähnlich?
Und Blitz auf Blitz den Horizont durchschneidet.
In Finsternis sich hüllt die bange Welt;
«anni daß durch eine Spalte des Gewölks
Tns All die holde Tienstbarkeit erkennt.
Vergessen fast im Segen der Gewohnheit —
Vist du am offenbarsten, wenn verhüllt.
Und trägst die Krone, wenn du sie verleugnest.
Libussa.
Nun sprichst du so, nachdem du lang verweigert.
Plimislaus.
Tcm kränkenden Befehl,
Llbussa.
Nun denn: ich bitte,
Plimlslaus.
hört ihr's, ihr Mauern? hörst du's, laue Luft,
Nie Wärme nimmt von ihrer Glieder Wärme?
Wir waren, o verzeih, seh' ich dich gleich,
Wir waren wie die Kinder, wenn sie schmollen.
Wegweisend, was der Wunsch zumeist begchrt.
Nun fort auch jeder Anspruch, jedes Nccht,
All, was nicht Nemut ist und Unterwerfung.
Womit ich binde» wollte deine Huld,
Nimm es zugleich mit dem Gebnndneii hin,
dar,,
O, wären diese Hände Purpurkissen,
Um würdig dir zu biete», was das deine.
Libussa.
Nie Hälfte deines Anspruchs wahrst du doch:
Es fehlt ein Teil, der voll erst macht das Ganzc.
Ich muß dich klug, muß dich verständig nennen,
Noch minder edel deucht mich, was du tatst,
sprich, ist es zart, wie's gegen Frauen ziemt,
Vorzuenthalten, was ihr Wunsch begehrt,
Und sich durch List zu sichern, was »ur Gunst,
Nicht Necht noch Schlauheit eiguet zum Besitz?
Primislaus.
Ich gab es ja, gab's schon bei meinem Eintritt,
Wir sind am selben Ort, der mich empfing,
hier stehn die Blumen, meiner Armut Gabe,
Nie man als wertlos nicht vom Ort verrückt.
So kommt denn ihr, gebt Zeugnis meinen
Worten!
Tcn Sinnsprnch hast d» dennoch nicht erraten:
Unter Blumen liegt das Nätscl
Und die Lösung unter Früchte»,
lEr stürzt den Korb z» ihren Füßen auf den Boden. 2>l
Ncüc lie«t obcn auf,!
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume I
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- I
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.7 x 17.1 cm
- Pages
- 600
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515