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Albin. François, dieser Mensch spricht die Wahrheit.
François. Gewiß, diese Liebesgeschichte ist wahr, aber es handelt sich um
die Mordgeschichte.
Henri. Ich hab’ mich um einen Tag verspätet … , sie hatte noch Einen
vergessen, sonst – glaub’ ich – hat ihr keiner mehr gefehlt … . aber ich hab’
sie zusammen erwischt … . und er ist hin.
Die Schauspieler. Wer? … wer? Wie ist es geschehen? … Wo liegt er? –
Wirst Du verfolgt … Wie ist es geschehen? … Wo ist sie?
Henriimmer erregter. Ich hab’ sie begleitet … in’s Theater … . zum letzten
Male sollt’ es heute sein … ich hab’ sie geküßt … . an der Thür – und sie ist
hinauf in ihre Garderobe und ich bin fortgegangen wie Einer, der nichts zu
fürchten hat. – Aber schon nach hundert Schritten hat’s begonnen … in
mir … . versteht Ihr mich … . eine ungeheure Unruhe … und es war, als
zwänge mich irgend ‘was, umzukehren … . und ich bin umgekehrt und
hingegangen. Aber da hab ich mich geschämt und bin wieder fort … . und
wieder war ich hundert Schritt weit vom Theater … da hat es mich gepackt …
. und wieder bin ich zurück. Ihre Scene war zu Ende … . sie hat ja nicht viel
zu thun, steht nur eine Weile auf der Bühne, halbnackt – und dann ist sie
fertig … . ich stehe vor ihrer Garderobe, ich lehne mein Ohr an die Thür und
höre flüstern. Ich kann kein Wort unterscheiden … . das Flüstern
verstummt … . ich stoße die Thür auf … . Er brüllt wie ein wildes Thier. – es
war der Herzog von Cadignan und ich hab’ ihn ermordet. –
Wirthder es endlich für wahr hält. Wahnsinniger!
Henri schaut auf, sieht den Wirth starr an.
Séverine. Bravo! bravo!
Rollin. Was thun Sie, Marquise? Im Augenblick, wo Sie Bravo! rufen,
machen Sie das alles wieder zum Theater – und das angenehme Gruseln ist
vorbei.
Marquis. Ich finde das Gruseln nicht so angenehm. Applaudiren wir, meine
Freunde, nur so können wir uns von diesem Banne befreien.
Leises Bravo!, das immer lauter wird; alle applaudiren.
Wirthzu Henri, während des Lärms. Rette Dich, flieh, Henri!
Henri. Was? was?
Wirth. Laß es jetzt genug sein und mach’, daß Du fortkommst!
François. Ruhe! … . Hören wir, was der Wirth sagt!
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Der grüne Kakadu
- Title
- Der grüne Kakadu
- Author
- Arthur Schnitzler
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 44
- Keywords
- Groteske, Wahrheit, Lüge
- Categories
- Weiteres Belletristik