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© 2017, V&R unipress GmbH, Göttingen
ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
aufgeben müssen, daßman versuchen muß, ihr dafür künstlerisch und kulturell
Äquivalente zubieten.2
UndeinigeMonate zuvor, imDezember1941, betonteGoebbels zwischenarg-
wöhnischenBemerkungen überWiens kulturpolitische Selbständigkeit, es sei
nicht zu verkennen, dass derWienerReichsstatthalter einen kulturpolitischen
Kursverfolge,mit demer sichbeiderWienerBevölkerungweitgehenddurch-
gesetzt habe–auchwenn sichSchirachdadurch „zumWortführerderWiener
InteressendenReichsinteressengegenüber“mache.3
Der Topos der „Musikstadt“ erhielt im Nationalsozialismus also seine
staatspolitische Bestätigung, und in der Folge hatte dieRede vonder „Musik-
stadtWien“, vonder „Hauptstadt derdeutschenMusik“ oderder „Welthaupt-
stadt der Musik“ sowohl in ihrer begrifflichen Verwendung als auch in der
inhaltlichen Ausgestaltung der nationalsozialistischen Wiener Kulturpolitik
Hochkonjunktur.
AnknüpfungendesNationalsozialismusandenantimodernen
Zuschnitt der „Musikstadt“
Mit ihren politischmotivierten „Musikstadt“-Bezügen griffen die nationalso-
zialistischen Politiker und Kulturfunktionäre allerdings auf einen bereits im
19. Jahrhundert vorgeprägtenunddamit längst etablierten ImagefaktorWiens
zurück.AufdessenGeneseundGeschichtemöchte ich imFolgendenabernur
punktuelleingehenundverweisehierstattdessenaufdieeinschlägigenArbeiten
vonMartinaNußbaumer,4Cornelia Szabj-Knotik5 undAnitaMayer-Hirzber-
ger.6
SchonamantimodernenCharakterdesToposalsseinerinhaltlichenLeitfigur
wirddeutlich,wiesehrersichfüreineAdaptiondurchdenNationalsozialismus
eignete.MartinaNußbaumerzufolgeerwiessichdaswienerische„Musikstadt“-
Narrativ bereits ab dem Beginn seiner breiteren Etablierung als stark retro-
2 Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Hg. von Elke Fröhlich, Teil II, Diktate 1941–1945.
Band3, Januar–März1942.Münchenu.a.: Saur1996, S. 469 (Eintragvom14.03.1942).
3 Die Tagebücher von JosephGoebbels (Anm.2), Teil II, Diktate 1941–1945. Bd.2, Oktober-
Dezember1941, S. 434 (Eintragvom5.12.1941).
4 MartinaNußbaumer:MusikstadtWien.DieKonstruktioneinesImages.Freiburg i.Breisgau,
Berlin,Wien:Rombach2007(=RombachWissenschaften,EditionParabasen6).
5 Cornelia Szabj-Knotik: MusikstadtWien als Topos kultureller Identifikation in der Zwi-
schenkriegszeit. In: Musik zwischen beidenWeltkriegen und Slavko Osterc. Slowenische
Musiktage1995.Hg. vonPrimozˇKuret.Ljubljana:Festival 1995, S. 277–300.
6 AnitaMayer-Hirzberger: „…einVolkvonaltershermusikbegabt“.DerBegriff „Musikland
Österreich“ imStändestaat. Frankfurt/Main:Lang2008 (=Musikkontext 4).
„MusikstadtWien“-Toposals Instrument 33
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Title
- Guido Adlers Erbe
- Subtitle
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Editor
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Category
- Kunst und Kultur