Page - 110 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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© 2017, V&R unipress GmbH, Göttingen
ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
stützt. Vor allem schrieb er ein für die damalige Zeit wahrhaft mutiges Be-
kenntnis,welchesüberFurtwänglers [WilhelmFurtwängler, 1886–1954,Anm.]
InterventionzuSchirachgelangte,undderartnützte,daßderalteHerrruhig in
seinemeigenenHause sterbendurfte.“110Allerdings sinddie beidenAussagen
kritisch zu hinterfragen. Obwohl sich die Familien Adler und Schmid schon
lange kannten,musste sich offenbarMelanie Adler beiMargarethe Prohaska-
Schmid Geld zur Bezahlung Heiserers ausborgen, ohne es zurückzahlen zu
können.111 Rudolf Ficker sah jedenfalls die Intervention Schenks in einem
breiterenKontext:
Inmeinem erstenMemorandumhatte ich bereits erwähnt, dass anlässlich der dro-
hendenDelogierungHofratAdlerssichauchProf.SchenkineinemSchriftstückfürihn
eingesetzt habe. […] Frl. Dr. Adler konnte damals nicht ahnen, dass es nicht die
erwähnte Eingabe Prof. Schenks war, die ihren Vater vor der Delogierung bewahrt
hatte, sondern die Bemühungen einiger ehemaliger Schüler Adlers, besonders des
Dramaturgen der StaatsoperDr. Jarosch, dermit demKulturreferentenDr. Thomas
befreundetwar.Dr.ThomassetzteesdannbeimStatthalterv.Schirachdurch,dassder
schwerkranke Greis unbehelligt blieb. Das Schriftstück Prof. Schenks spielte dabei
überhaupt keine Rolle.Während sich jedoch diese Herrenmit dem rein sachlichen
Erfolg begnügten, verfehlte es Prof. Schenknicht, Frl. Dr. Adler die Sache so darzu-
stellen,alsobseinSchriftstückdieAbwendungderGefahrbewirkthätte.NachdemFrl.
Dr. Adler Prof. Schenk bis dorthin nur in seiner Eigenschaft als Schüler des erbit-
tertsten Feindes ihresVaters [Adolf Sandberger, 1864–1943,Anm.] vomHörensagen
kannte,sowaresnurallzuverständlich,dasssie jetztvondemEdelmutdesbishernur
alsGegner ihresVaters eingeschätzten Prof. Schenkbesonders gerührtwar undden
GefühlenüberströmendenDankesberedtenAusdruckverlieh.112
AuchhatteSchenkbereits imJänner1940beiderNSDAP-GauleitungWienum
dieBestätigungseinerpolitischenZuverlässigkeitangesucht,umdieLeitungder
„Gesellschaft für ostmärkischeMusikforschung“ –wie dieDTÖ zwischenzeit-
lichgenanntwurde–offiziellübernehmenzukönnen.113MatthiasPapefolgend
hieltsichSchenkzwar„parteipolitischzurück,erweckteaber–typischfür ihn–
denEindruck,dazuzugehören“.114Auch interessierte sichSchenknichtnur für
110 ÖStA, AdR, BMU, PA Schenk, Fol. 97, SchreibenMargarete Prohaska-Schmid an unbe-
kannt, 18.8.1946.
111 ÖNB,Musiksammlung, F13Wellesz 1240, SchreibenRudolf vonFicker anEgonWellesz,
1.9.1947.Bereits ohnegenaueQuellenangabe angeführt inAdler/Scott: Lost to theworld
(Anm.2), S. 106.
112 ÖStA,AdRPASchenk,Fol. 77–78,SchreibenDr.Rudolfv.FickeranSektionschefDr.Freih.
v. Skribensky [sic!], 2.7.[19]46.
113 ÖStA,AdR,GA67.409,ErichSchenk,SchreibenErichSchenkandieGauleitungWiender
NSDAP,19.1.1940.
114 Matthias Pape: Erich Schenk – ein österreichischer Musikwissenschaftler in Salzburg,
Rostock undWien.Musikgeschichtsschreibung zwischen großdeutscher und kleinöster-
reichischerStaatsidee. In:DieMusikforschung,53. Jg. (2000),S. 413–431,hierS. 419.Pape
MarkusStumpf110
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Title
- Guido Adlers Erbe
- Subtitle
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Editor
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Category
- Kunst und Kultur