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108 Die Maske.
gesetztem Wege zum selben Resultate: »Gott schuf den Menschen
nach seinem Ebenbilde.« Tugenden, Laster und Leidenschaften,
Wissenschaften und Künste, Zeitperioden, Jahres- und
Tageszeiten, Elemente, Ströme, Länder, Weltteile und vieles
andere werden symbohsch und allegorisch durch menschliche Figuren
zum Ausdruck und zur bildlichen Anschauung gebracht. Auch ohne
jede geistige Beziehung — rein um ihrer Formschönheit wegen, rein
dekorativ — wird die menschliche Figur nachgebildet. Diese sämt-
lichen in das Gebiet der sogenannten hohen Kunst fallenden Dar-
stellungen kommen jedoch für die vorliegende Publikation als aufser-
halb ihres Rahmens liegend nicht in Betracht; wir haben es mit der
menschlichen Gestalt nur insoweit zu thun, als dieselbe eins geworden,
aufgegangen ist im Ornament, wir haben uns nur mit dem »stili-
sierten Menschen« zu befassen. Hierher zählen die Verwendungen
des menschlichen Antlitzes, mehr oder weniger der Natur treu
bleibend oder durch willkürliche Zuthaten verändert: die Masken
und Fratzen; die Grotesken, jene abenteuerlichen Kombinationen
des Menschen mit tierischen und pflanzlichen Elementen; dann die
Anwendungen des menschlichen Oberkörpers als Ausgangspunkt für
ornamentale Fntwickelungen: Halbfiguren als Ornamentanfänger;
jene Mischungen menschlicher und tierischer Gestalt, bei denen der
Oberkörper dem Menschen zufällt: Sphinxe und Kentauren und
ähnliches mehr.
Die Maske. (Tafel 6i.)
Die Maske im eigentlichen Sinne ist ein künstliches, hohles
Gesicht, bestimmt durch Vorsetzen das menschliche zu verdecken,
um den Träger unkenntlich zu machen oder ihn in bestimmter Weise
zu verändern. Der Gebrauch der Maske wird in die Volks-
und Fmtespiele der frühesten griechischen Zeit zurückdatiert. Von
diesen Spielen sollen die Masken in den Gebrauch des antiken Theaters
übergegangen sein, in welchem die Darsteller unter Masken erschienen.
Man unterschied verschiedene Arten von Masken, tragische, komische
u. s. w. und verband mit bestimmten Typen derselben bestimmte
Charaktere und »Personen«. (Die Mundöffnungen dieser Masken
waren unnatürlich grofs und schallbecherartig erweitert, um den Ton
des Sprechers zu verstärken; im Lateinischen heifst die Maske per-
sona von personare = durchtönen). Vom Theater gelangten die
Masken zur künstlerischen Verwendung in den Wandmalereien der
Theater- und Profanbauten (pompejanische Wanddekorationen), auf
bacchischen Gefäfsen und anderm Gerät (verschiedene Becher des
Hildesheimer Silberfundes). Die Renaissance und die ihr folgenden
Stile greifen hin und wieder auf die Dekoration vermittelst Masken
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Title
- Handbuch der Ornamentik
- Subtitle
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Editor
- Franz Sales Meyer
- Location
- Leipzig
- Date
- 1937
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.6 x 15.7 cm
- Pages
- 628
- Category
- Kunst und Kultur