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152 Flechtbänder.
und Balken, auf Archivolten (Thür- und Fensterbogen) und in den
Bogenleibungen, seltener als Fries, öfters als Schmuck von Toren
und Wülsten.
Die Flechtbänder werden in allen Stilen gerne, in einzelnen
jedoch mit ganz besonderer Vorliebe benutzt. Auch spricht sich
gerade bei dieser Art von Ornamentik die Eigentümlichkeit der ein-
zelnen Stile sehr entschieden aus.
Beim antiken Flechtband laufen die Streifen in Form sich
kreuzender Wellenlinien um regelmäfsig angeordnete Knöpfe oder
Augen. Die Wellenlinien setzen sich aus Kreisbogen oder Kreisbogen
imd geraden Stücken zusammen, in welch letztere die Bogen, ohne
Ecken zu bilden, übergehen (Taf. 86). Die Bandstreifen sind im
Flächenomament farbig geteilt oder gesäumt, in der plastischen
Darstellung geriefelt oder rinnenförmig ausgehöhlt.
Die Flechtbänder des Mittelalters — es kommen hierbei
hauptsächlich die byzantinische und romanische Periode in Betracht
— verwenden antike Formen; neu hinzu tritt das Abbiegen mit
scharfem Eck (Taf. 87, 1—3).
In den sogen. nordischenStilen, dem keltischen, angelsächsischen,
normannischen, skandinavischen und altfränkischen Stil ist das Flecht-
werk das hervorragendste Ornament. Wir begegnen hier äufserst
entwickelten und reich entworfenen Durchschlingungen, meist ohne
Anwendung des Zirkels aus freien Zügen gebildet. Bezeichnend imd
stilistisch merkwürdig ist hierbei der Umstand, dass ein und derselbe
Streifen im Flachomament absatzweise verschiedene Farbe annimmt.
Die Werke von Owen Jones tmd Racinet bringen zahlreiche, meist
alten Schriftverzienmgen entlehnte Beispiele, von denen unsere Taf. 87
(4—8) einige der einfachsten wiedergiebt (mit dem Zirkel nach-
konstruiert).
Der maurisch-arabische Stil bevorzugt eine ganz besondere
Art von Flechtbändem. Charakteristisch sind das Abbiegen der stets
geradlinigen Streifen unter 90 oder 1350 und das Anpassen an ein
Netz, wie Taf. i, Fig. 5 es zeigt. Hier haben wir ebenfalls die ab-
wechselnde Färbung der Einzelstreifen zu erwähnen. Zahlreiche Bei-
spiele finden sich bei Owen Jones, Racinet und Prisse d'AVennes,
l'art arabe, von denen Taf. 88 in den 6 ersten Figuren eine ein-
fache Auslese bietet.
Die übrigen orientalischen Stile sind in dieser Beziehung mannig-
faltiger und benutzen auch runde Formen. (Taf. 88, 7 u. 8.)
Die Renaissance entwickelt eine grofse Vielseitigkeit. Neben
den herkömmlichen Formen der Antike treten neue eigenartige Bil-
dungen auf, wie sie sich hauptsächlich in der Einlagetechnik, in der
Buchdeckelpressimg, auf Zinntellern und Schriftumrahmungen vor-
finden (Taf. 89).
Die moderne Zeit entlehnt bei allen Stilen und durchsetzt ihre
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Title
- Handbuch der Ornamentik
- Subtitle
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Editor
- Franz Sales Meyer
- Location
- Leipzig
- Date
- 1937
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.6 x 15.7 cm
- Pages
- 628
- Category
- Kunst und Kultur