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Säulenkapitäla 227
Aus der Reihe orientalischer Bildungen giebt dieselbe Tafel in den
Figuren 6 und 7 zwei maurische Kapitale aus der Alhambra in Gra-
nada (sog. Glockenkapitäle).
Die antike Kunst verwendet 3 verschiedene Grundformen des
Säulenkapitäls, die dorische, ionische und korinthische.
Das dorische Kapital setzt sich zusammen aus der quadra-
tischen Abdeckplatte (Abakus) und einem kreisrunden Wulste (Echinus).
Der Übergang zum Säulenschaft wird durch kleine Plattchen (Riemchen)
oder durch Kehlen und Astragale gebildet. Wir haben uns das grie-
chisch-dorische Kapital bemalt zu denken. Wenn die Seiten des Abakus
verziert werden, geschieht es durch ein Maanderschema (127. 8). Der
Echinus ist ein Konfliksglied, eine vollständig herabgebogene Blatt-
welle (vergl. Taf. 100) vmd wird dementsprechend dekoriert. Im
römischen Stile und in der Renaissance tritt an Stelle der Bemalung
die plastische Omamentienmg. Die Blattwelle wird zum Eierstab
(127. 10). Neben der zurückgebogenen Form der Blattwelle kommt
auch die aufstrebende in Anwendung (Taf. 127. 9). Über dem Abakus
wird eine kleinere Blattwelle henungeführt imd zwischen Kapital und
Säule schiebt sich ein Hals ein, der meist mit Rosetten geziert wird.
Eben solche Rosetten beleben die Zwickel auf der Unterseite der
Abakusplatte (Taf. 127. 9—10).
Das ionische Kapital setzt an Stelle der quadratischen Abdeck-
platte ein nach beiden Seiten in grofsen Voluten aufgerolltes Polster.
Die zwischen Eierstab und Polster sich bildenden Zwischenräume
werden mit Palmetten maskiert. Wie beim dorischen Kapital kann
auch hier ein Hals angebracht werden, der mit Vorliebe durch ein
aufrechtes, laufendes Palmettenomament verziert wird (128. 4—5). In
der Seitenansicht zeigt das Polster einfache Profilierungen nach Taf. 128.1,
die an reichem Beispielen kelchartig mit Blattwerk oder mit Schuppen
umkleidet werden. Das ionische Kapital hat 2 Stim- und 2 Neben-
seiten. Aus diesem Gmnde ist seine allgemeine Verwendung be-
schränkt. So bietet z. B. seine Anbringung an der aus- und ein-
springenden Ecke einer korrekten Lösung Schwierigkeiten. Die Frage
der Entstehungsart des ionischen Kapitals mag hier eine offene bleiben,
da die Meinungen in diesem Punkte auseinandergehen.
Das korinthische Kapital hat die Grundform des Kelches.
Die Verzienmg geschieht nach zwei Weisen. Entweder: eine Reihe
von Akanthusblättem oder deren zwei abwechselnd über einander an-
geordnet, umkleiden den untem zylindrischen Teil des Kapitals und
einfache breitgehaltene Wasserblätter bilden den Übergang zur quadra-
tischen Abdeckplatte. Zu dieser Art zählt das Kapital vom Turm
der Winde in Athen und ein auf der Insel Milo gefundenes, welches
Taf. 128. 7 wiedergiebt. Oder: aus den untem Blattreihen wachsen
volutenartige Ranken auf, die sich unter den Ecken der Abdeckplatte
zu je zweien vereinigen. Die Platte ändert hierbei ihre Form dahin,
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Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Title
- Handbuch der Ornamentik
- Subtitle
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Editor
- Franz Sales Meyer
- Location
- Leipzig
- Date
- 1937
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.6 x 15.7 cm
- Pages
- 628
- Category
- Kunst und Kultur