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34 II. Das Wiener Handwerk vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1527
ders bei den Wienern die Unzufriedenheit mit der Herrschaft Friedrichs mehrte. Die Stadt
wurde durch die Fehde zwischen dem Kaiser und Gamaret Fronauer um die Festung Orth
bedroht, ihre Finanzlage wurde aufgrund der zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzun-
gen der letzten Jahre immer wieder belastet – eine Münzverschlechterung war die Folge157.
Die Wiener Bürger ersuchten den Kaiser mehrmals um Hilfe, dieser blieb allerdings untätig
und zog sich 1460 sogar nach Graz zurück. Doch blieb die Stadt zunächst auch in den
Konflikten des Jahres 1461 auf Seite des Kaisers. Gleichzeitig nahm aber bei österreichi-
schen Adeligen der Unmut über Friedrichs Herrschaft zu, viele von ihnen unterstützten Al-
brecht. Für den 23. Juli 1462 wurde ein Landtag ausgeschrieben, der zwar von Friedrich III.
mit Missfallen aufgenommen wurde, zu dem er allerdings trotzdem Vertreter schickte158.
Im Zuge der Verhandlungen schafften es die Vertreter der Adeligen, die vor allem durch
Handwerker repräsentierte Gemein gegen den Kaiser aufzubringen. Unter der Führung des
Arztes Hans Kirchhaimer wurde der Rat im August 1462 gestürzt und eine provisorische
Stadtregierung mit dem Kaufmann Wolfgang Holzer an der Spitze gewählt159.
Obwohl Friedrich, der inzwischen die Stadt belagerte, einen neuen Rat wählen ließ,
versagte die Gemein diesem den Gehorsam und wählte ihrerseits am 19. September 1462
einen Rat, dem Wolfgang Holzer als Bürgermeister vorstand; sieben von 18 Ratsherren
waren Handwerker160. Bereits am 6. Oktober kündigte die Stadt Wien dem Kaiser den
Gehorsam. Friedrich, den wegen ausstehenden Zahlungen die Söldner verlassen hatten,
verschanzte sich in der Hofburg. Nachdem er aber Anfang Dezember 1462 die Burg wie-
der verlassen konnte, vermittelte der böhmische König Georg von Podiebrad einen Frie-
den zwischen den Brüdern, wonach Albrecht die Herrschaft in Österreich übernahm161.
Holzer verhandelte hingegen bereits Anfang 1463 mit dem Kaiser, um diesem Wien
auszuliefern. Friedrich erhöhte den Druck auf die Stadt, indem er Wien beispielsweise
die Wappenverleihung von 1461 und weitere Privilegien aberkannte, während er Krems
und Stein für deren Treue reich belohnte162. Der Bürgermeister plante indes, Erzherzog
Albrecht zu einem Verzicht auf Wien zu bewegen. Am 9. April ließ er kaiserliche Söldner
ein und zog mit ihnen demonstrativ durch die Stadt. Wahrscheinlich lag es aber nicht in
der Absicht des Bürgermeisters, militärisch gegen die Burg vorzugehen; zu ungesichert
und langsam war der Fußmarsch durch die Straßen Wiens. Wahrscheinlich wollte Holzer
mit diesem Marsch vor allem eine starke Verhandlungsbasis gegenüber dem Erzherzog
aufbauen, indem er die durch die Demonstration beeindruckte Masse der Bevölkerung
auf seine Seite brachte163. Der Plan Holzers ging jedenfalls nicht auf: Albrecht wurde an-
scheinend noch rechtzeitig gewarnt und konnte die Gemein, hier vor allem wieder Hand-
157 Angaben zu den Schulden der Stadt finden sich bei Schalk, Faustrecht 268.
158 Schalk, Faustrecht 273, zitiert einige Quellen, in denen die Vorgänge am Landtag anschaulich
geschildert werden.
159 Schalk bietet ebd. 280–292, eine parallel gedruckte Zusammenstellung der wichtigsten Quellen zu
diesem Ereignis. Siehe auch Perger, Rolle 23; Lackner, Herzogtum Österreich 141; Langmaier, Albrecht VI.
557–561. Zur Person Holzers vgl. vor allem Hülber, Wolfgang Holzer passim.
160 Vancsa, Politische Geschichte 550–553; Schalk, Faustrecht 308, 320; Hülber, Wolfgang Holzer
66–68; Perger, Rolle 23; ders., Ratsbürger 96; Niederstätter, Jahrhundert 252; Csendes–Opll, Geschichte
Wiens 162f.; Langmaier, Albrecht VI. 566–568.
161 Niederstätter, Jahrhundert 153f.; Lackner, Herzogtum Österreich 141f.; Langmaier, Albrecht
VI. 580–582.
162 Niederstätter, Jahrhundert 254f.; Csendes–Opll, Geschichte Wiens 165f.; Roland–Zajic, Illu-
minierte Urkunden 382−384; Lackner, Herzogtum Österreich 142; Langmaier, Albrecht VI. 592–595.
163 Csendes, Wien 24; Hülber, Wolfgang Holzer 73; Csendes–Opll, Geschichte Wiens 166.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen