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50 III. Das Wiener Handwerksordnungsbuch
nungsbücher der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine protokollartige Struktur: Ein-
zelne städtische Ämter verzeichneten dort protokollarisch verschiedene Abrechnungen,
die im Zuge ihrer Verwaltungstätigkeit anfielen262.
Die Eintragung der Testamente erfolgte in die sogenannten „Testamentenbücher“
bzw. „Geschäftsbücher“, die heute noch für die Jahre 1395 bis 1405, 1405–1419 so-
wie 1419–1430 erhalten sind263. Inhaltlich weisen diese Handschriften – zeitgenössisch
ebenso meist mit dem Begriff statpuch bezeichnet – jedoch ein viel breiteres Spektrum
auf264: Neben den schon erwähnten Testamenten finden sich auch mit diesen im Zu-
sammenhang stehende Verwandtschaftsnachweise265, diverse Ratsbeschlüsse266, eine große
Zahl an Handwerksordnungen, die wiederum für das HWOB als Vorlage dienten, mitun-
ter auch herzogliche Verfügungen, Eide und Ratslisten267. Dass zumindest schon in den
1370er Jahren solche „Geschäftsbücher“ geführt wurden, ist anzunehmen; gelegentlich
wird in Urkunden aus diesem Zeitraum auf eine Testamentseintragung in ein Stadtbuch
verwiesen268. Die „Geschäftsbücher“ wurden auch nach dem Ende des letzten erhaltenen
Bands, also nach 1430, weitergeführt. Diese Fortsetzungen sind jedoch nicht mehr erhal-
ten269.
Im Jahr 1418 wurde schließlich ein weiteres neues Stadtbuch eingeführt. In Folge
eines Ratsbeschlusses vom 11. Februar 1418 erfolgte die Anlage des sogenannten „Gül-
tenbuchs“, in dem alle Ausgaben (Steuern an den Landesfürsten, Weihnachtskleinodien
und Bezahlung städtischer Amtsträger)270 und Einnahmen (Steuern, Mauten) der Stadt
sowie alle von derselben bezogenen Gülten und Zinsen – etwa aus Grundstücks- und
Hausbesitz oder aus Gebühren für den Betrieb von Marktständen271 – von den Käm-
merern verzeichnet werden sollten. Das „Gültenbuch“ wurde bis in das ausgehende 15.
Jahrhundert weitergeführt272.
In Summe zeigt das buchförmige Verwaltungsschriftwesen der Stadt Wien um 1400
eine bemerkenswerte Vielfalt. Neben prunkvoll ausgestatteten Büchern wie dem Eisen-
buch, das nicht für die alltägliche Geschäftspraxis Verwendung fand, führten die städti-
schen Verwaltungsorgane auch Bücher für die schriftliche Niederlegung von Testamenten,
von Ausgaben und Einnahmen sowie von Eigentumsverhältnissen im Grundstücks-
bereich. Die „Geschäftsbücher“ weisen dabei zwar einen Schwerpunkt auf Testamente
und Verwandtschaftsnachweise auf, dienten jedoch ebenso zur Niederschrift einer großen
Vielfalt an Rechtstexten.
262 Brunner, Finanzen 62.
263 WStLA, Sammlungen, Handschriften, A 285/1–3; als „Wiener Stadtbücher“ bis zum Jahr 1417
ediert in FRA III/10/1–4. Auch in Kleinstädten wurden zeitgleich solche „Geschäftsbücher“ geführt, vgl. z. B.
Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner–Tobisch 15–17 und passim.
264 Einen konzisen Überblick bietet Schuster, Rechtsleben 382; zuletzt auch Fröschl, Verfügungen
369f.
265 Für ein Beispiel siehe unten S. 110 Anm. 716.
266 Teilweise ediert: FRA III/6.
267 Zu den Ratslisten siehe oben S. 29 Anm. 135.
268 Schuster, Rechtsleben 381f.
269 Siehe Nachweise bei Opll, Quellentypus 152.
270 Die Weihnachtskleinodien waren von der Stadt an den Landesfürsten, dessen Familienmitglieder
sowie an höhere landesfürstliche und städtische Funktionäre überreichte Geschenke, vgl. Brunner, Finanzen
248–251; Czeike, Advent- und Weihnachtsbräuche 224; Opll, Heiligenfest 142.
271 Zu den Platzgebühren siehe auch unten S. 162.
272 WStLA, Sammlungen, Handschriften, A 286; Teiledition: Camesina, Geschichte 395–400, 437–
444; vgl. Brunner, Finanzen 66; Opll, Quellentypus 151.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen