Page - 65 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Image of the Page - 65 -
Text of the Page - 65 -
III.4. Schreiber und Schrift 65
schwierig der Anlagehand zuweisen. So findet sich zum Beispiel auf fol 60v ein sehr kursiv
geschriebener Nachtrag von 1433, der kaum etwas mit der oberhalb verwendeten Schrift
– diese Ordnung ist Teil des Grundstocks – gemein zu haben scheint. Auch Einträge wie
auf fol. 136r–v, 137r, 142r, 144v oder 145r, die immerhin einen gemeinsamen Duktus
aufweisen, unterscheiden sich durch ihren flüchtigeren Gesamteindruck von der Schrift
des Grundstockes und der wahrscheinlichen Nachträge von der Anlagehand. Ob hier also
der diesfalls weniger sorgfältig schreibende Hirssauer oder ein anderer Schreiber tätig war,
kann nicht mit letzter Sicherheit beantwortet werden.
Für die Nachträge jedenfalls, die wahrscheinlich durch die Hand Hirssauers geschrie-
ben worden sind, ist einerseits ein Gestaltungsniveau typisch, das durch weniger sorgfältig
ausgeführte Initialen bestimmt ist, die manchmal sogar nur aus einem vergrößerten tinten-
farbigen, nicht weiter verzierten Versal A bei Anno am Beginn der Ordnung bestehen347.
Andererseits nähern sie sich an anderen Stellen wiederum den Ordnungen des Grundsto-
ckes durch eine rubrizierte Überschrift und farbige, aufwändigere Initialen an348. Man ge-
winnt den Eindruck, dass bei den nach 1430 bis inklusive 1461 eingetragenen Ordnungen
in der Gestaltung genau unterschieden wurde, ob es sich lediglich um einen Zusatz zu
einer Ordnung oder eine gänzlich neu erlassene Ordnung handelte. Dieser Unterschied
kann bei den Texten des Grundstocks nicht in diesem Ausmaß beobachtet werden, von
denen alle mit nahezu demselben hohen gestalterischen Anspruch in das Ordnungsbuch
eingetragen wurden, zumindest im Hinblick auf die rubrizierten Überschriften349.
347 Vgl. beispielsweise auf fol. 46v, die ersten beiden von drei Ordnungen. Beide Texte sind Zusätze zu
der zum Grundstock gehörenden Ordnung der Hafner, die sich auf fol. 46r befindet.
348 Beispielsweise HWOB fol. 89v (Ordnung der Steinmetze, 1435), 121r–v (allgemeine Gesellenord-
nung, 1439), 142r (Ordnung der Käufel Am Hof, 1444), 127r–128r (Ordnung der Kürschnergesellen, 1445).
349 Beispielsweise auf fol. 10r, auf dem sich ein Zusatz zur Ordnung der Barchentweber, deren Web-
stühle betreffend, befindet. Dieser Text wurde ebenso mit einer rubrizierten Überschrift versehen, enthält je-
doch nur eine einfach gestaltete Initiale. Dasselbe Gestaltungsniveau ist beim aus dem Jahre 1422 stammenden
Zusatz zur Zaumstrickerordnung auf fol. 37v zu sehen: Wieder ist die Überschrift rubriziert, die Initiale von
Anno besteht jedoch nur aus einem einfachen, großen A.
Abb. 7: Eine im 16. Jahrhundert in der N-Initiale ergänzte
Frauendarstellung, HWOB fol. 1r. Abb. 8: Eine tintenfarbige Ergänzung des
16. Jahrhunderts in Form eines Gesichts mit
spitzen Ohren, HWOB fol. 68v.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen