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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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IV.1. Lehrlinge 71 sererordnung die Angabe eines Höchstalters von 14 Jahren380. In der Tuch- und Kot- zenmacherordnung von 1530 hingegen wird kein bestimmtes Alter für den Lehrantritt festgesetzt, sondern dem Lehrling eine Lehrzeit von drei Jahren verordnet, egal welchen Alters (er sey wie groß er well)381. Dass ein Alter zwischen 12 und 14, manchmal auch 16 Jahren, nicht als atypisch für den Beginn der Lehrzeit gelten kann, zeigen einschlägige Untersuchungen zur Handwerksgeschichte in anderen deutschsprachigen Regionen382. Zu den frühesten Grundvoraussetzungen für die Aufnahme eines Lehrlings ist der Nachweis einer Bürgschaft zu zählen. Bereits 1439 wird in der Messererordnung geregelt: Item es sol auch dhain maister aufnemen ainen junger, er hab dann porgschafft fùr in383. Die- selbe Bestimmung wird in der Messererordnung von 1470 wiederholt, allerdings auch mit einer konkreten Funktionsumschreibung der Bürgen: Sie sollen, wenn der Lehrling sei- nem Meister unerlaubterweise entläuft, für den dadurch verursachten Schaden aufkom- men384. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts taucht die eheliche Geburt, die sich bereits frü- her unter den Aufnahmebedingungen eines neuen Meisters in Wien findet385, unter den Voraussetzungen für den Lehrantritt auf. So wird beispielsweise bei den Kotzenmachern 1496 festgelegt, dass jeder, der das Handwerk in Wien lernen wolle, ehelich geboren sein müsse386. Dieselbe Bestimmung findet sich auch in der Tuch- und Kotzenmacherord- nung von 1530387. Weitere Beispiele außerhalb Wiens388 zeigen die weite Verbreitung die- ser Forderung. Ob Lehrgeld – womit die mehrjährige Unterbringung im Haushalt des Meisters, der Ausbildungsaufwand und auch eventuelle durch den Lehrling verursachte materielle Schäden abgegolten wurden389 – gezahlt werden musste, wird nicht in vielen Ordnungen ausdrücklich erwähnt. Die Messerer verlangen 1439 drei Pfund Pfennige für die lernung und außerdem eine – wohl einmalige – Zahlung von 60 Pfennigen in die 380 Siehe Nr. 111 Art. 1; Uhlirz, Gewerbe 639; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 3; Zatschek, Handwerk 156. Dass im Mittelalter in der Regel ein Höchstalter für den Lehrantritt gefordert wurde, hebt auch Mayer-Maly, Rechtsgeschichte 168, hervor; die Angaben zum Mindestalter eines Lehrlings stammen meist aus der Frühen Neuzeit. 381 Siehe Nr. 314 Art. 16. 382 Für Schneiderlehrlinge aus Österreich ob der Enns nennt Schwarzlmüller, Lehrling 19, ein Lehr- antrittsalter zwischen 13 und 16 Jahren, für die Zünfte/Zechen in ebendieser Region geht er allgemein von einem Alter zwischen 12 und 14 Jahren aus, vgl. dazu ders., Berufslaufbahn 16f. Wesoly, Lehrlinge 61, gibt für die mittelrheinischen Gebiete eine ungefähre untere Altersgrenze von 15 Jahren an und wiederholt dies auch in ders., Berufsausbildung 111. Schlenkrich, Alltag 52–57, kann durch die Analyse von Geburtsbriefen für das sächsische Zunfthandwerk des 17. und 18. Jhs. eine breite Altersspanne von 13 bis – jedoch nur in Einzelfällen belegten – 28 Jahren nachweisen; die meisten Lehrlinge traten auch in dieser Region ihre Lehrzeit im Alter von 13 bis 16 Jahren an. 383 Siehe Nr. 104 Art. 4; Zatschek, Handwerk 157. 384 Siehe Nr. 111 Art. 1. Zur wichtigen Rolle der Bürgschaft in Bezug auf die Anstellung des Lehrlings siehe Schlenkrich, Alltag 38–41. Zur Funktion der Bürgen siehe auch Schwarzlmüller, Berufslaufbahn 27f., und Schulz, Handwerksgesellen 257. 385 Siehe unten S. 128f. Allgemein vgl. dazu Wissell, Recht 1 239f.; Schulz, Norm passim. 386 Siehe Nr. 313 Art. 10. 387 Siehe Nr. 314 Art. 16. 388 Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 6f. 389 Zur Multifunktionalität des Lehrgeldes siehe überzeugend Schlenkrich, Alltag 32. Zum Begriff des Lehrgeldes allgemein vgl. auch Schulz, Handwerksgesellen 256, der dasselbe allerdings in zwei Kategorien einteilt: in Gebühren, die bei der Aufnahme des Gesellen entrichtet werden, und in eine Geldzahlung, die direkt an den Meister geht. Schlenkrich, Alltag 32, widerspricht dieser von Schulz vorgenommenen Kategorisie- rung entschieden und weist auf die in ihren sächsischen Quellen eindeutig definierte Unterscheidung zwischen Aufding- und Lehrgeld hin. Die wenigen Belege im HWOB weisen eher in Richtung der von Schlenkrich vetretenen Charakterisierung des Lehrgeldes.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Title
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Subtitle
(1364–1555)
Author
Markus Gneiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
674
Keywords
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Categories
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