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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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IV.1. Lehrlinge 75 ner Lehrling zu befürchten hatte, scheinen relativ hart gewesen zu sein. In der Regel wird gefordert, dass der betroffene Lehrling bei keinem anderen Meister mehr aufgenommen werden solle, wie zum Beispiel in der Ordnung der Hafner (1489)425 festgelegt wird. Im Jahr 1469 wird dem entlaufenen Lehrling bei den Bortenwirkern eine Frist von einem Vierteljahr gegeben, um seine Ausbildung wieder anzutreten. Wird diese Frist eingehal- ten, so muss der Lehrling von neuem mit seiner Lehrzeit beginnen; kehrt er innerhalb dieser Zeit nicht mehr zurück, so darf der Meister einen neuen Lehrling einstellen426. Ebenso möglich war es, dass ein entlaufener Lehrling erst nach Versöhnung mit sei- nem Meister wieder eine Lehrzeit antreten konnte. In den Ordnungen der Steinmetze und Maurer bzw. der Zimmerleute von 1435 wird geregelt, dass ein Lehrling erst dann wieder arbeiten soll, wenn er seinem Meister den Schaden abgegolten oder sich mit ihm versöhnt hat und wenn auch die anderen Meister seiner Rückkehr zustimmen427. Auch laut der Messererordnung von 1439 darf ein Lehrling wieder zu seinem Meister zurück- kehren, jedoch müssen zuvor die Bürgen für den entstandenen Schaden aufkommen428. Dieselbe Bestimmung findet sich auch in der Messererordnung von 1470429. Neben dem Entlaufen scheint ein weiterer Konfliktpunkt zwischen Meistern und Lehrlingen der Diebstahl gewesen zu sein. Laut der Lebzelterordnung von 1516 wird einem Gesellen oder einem Lehrling, der Besitz seines Meisters „entfremdet“, die Ausübung des Hand- werks für drei Jahre untersagt; danach muss der Betroffene ein Pfund Pfennige als Wie- dergutmachung bezahlen430. Dass die Lehrlinge in manchen Handwerken schon vor Ende ihrer Lehrzeit mit den Gesellenschaften431 in Verbindung standen, ist anzunehmen, immerhin wird beispiels- weise bei den Schneidern und bei den Hufschmieden – hier allerdings für die Lohnjunger – eine gemeinsame Einzahlung in die Gesellenbüchse geregelt, wie bereits am Beginn des Kapitels besprochen wurde. Über die Frage nach der Aufnahme von Lehrlingen in die Gesellenverbände gibt die Bäckerordnung von 1443 Auskunft. Hierin fordern die Meister von ihren Gesellen, dass diese keinen Lehrling mehr in ihre zech aufnehmen sollten, es sei denn, dass dieser soweit qualifiziert sei, um im Backhaus auch die Arbeit eines Gesellen verrichten zu können432. Bei den Müllern wird 1488 erlaubt, dass auch Lehrlinge nach achttägiger Probezeit genauso wie Gesellen ein Recht darauf haben, sich nach Anhörung durch die Zechmeister gegen die Entrichtung eines nicht näher genannten Geldbetrags in die Zeche einschreiben zu lassen433. Mitunter war es anscheinend auch möglich, dass die Gesellenschaft bei ihren Versammlungen für die Lehrlinge Entscheidungen traf, anders wäre es nicht zu erklären, dass den Hutmachergesellen diese Vorgehensweise im Jahre 1453 explizit verboten wird434. Zu den Rechten der Lehrlinge wird in den Ordnungen des HWOB nahezu nichts gesagt. In Handwerken, in denen sich Lehrlinge und Gesellenschaften nahestanden, über- 425 Siehe Nr. 309 Art. 21. 426 Siehe Nr. 217 Art. 2; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 36. 427 Siehe Nr. 206 Art. 2; Nr. 237 Art. 2; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 36. 428 Siehe Nr. 104 Art. 5. 429 Siehe Nr. 111 Art. 1. 430 Siehe Nr. 336 Art. 7. 431 Siehe zu diesen unten S. 106–124. 432 Siehe Nr. 255 Art. 8. 433 Siehe Nr. 190 Art. 6; Zatschek, Handwerk 169. 434 Siehe Nr. 271 Art. 5.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Title
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Subtitle
(1364–1555)
Author
Markus Gneiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
674
Keywords
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Categories
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