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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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82 IV. Inhaltliche Aspekte reichen Forderungen der Gesellen nach mehr Freizeit hätten allerdings auch zu mehr Kontakten innerhalb der „feiernden“ Gruppe geführt und so die Solidarität und das Gruppenbewusstsein vergrößert467. Der soziale Aspekt sei nach Reininghaus nochmals durch die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zunehmende Wandertätigkeit der Gesellen verstärkt worden, die unter den betroffenen Personen zu einer notwendigen So- lidarität im Bereich des religiösen und karitativen Lebens geführt habe, da sie als Land- fahrende meist außerhalb jeglichen Schutzes der Zunft gestanden und kaum in die Bür- gergemeinde einer Stadt eingebunden gewesen seien468. Je mehr das Gruppenbewusstsein der Gesellen eines Handwerks zugenommen habe, desto häufiger seien besonders ab den 1380er Jahren die kollektiven Aktionen derselben geworden, um ihre Gruppenansprüche durchzusetzen und sich gegenseitig Beistand zu leisten. Ein probates – wenn auch von der städtischen Obrigkeit und der Handwerksmeisterschaft stark bekämpftes – Mittel sei der ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einsetzende Verruf eines Meisters gewesen. Um den Arbeitsmarkt zu regulieren, hätten die Gesellen versucht einem neuankommen- den Kollegen vorzuschreiben, bei welchem Meister er arbeiten und welchen er am besten meiden solle469. Reininghaus schlägt außerdem vor, den seit Schanz in der Forschung dominierenden Begriff des Gesellenverbandes gegen „Gesellengilde“ zu ersetzen, da dies den gildentypi- schen Aufbau der durch ein Gelöbnis untereinander verbundenen Gesellengruppe am besten beschreibe470. Die von Schanz postulierte Doppelgenossenschaft von Bruderschaft und Gesellenschaft lehnt Reininghaus ab. Seiner Ansicht nach gibt es keine Trennung zwischen dem religiösen und wirtschaftlichen Bereich innerhalb der von den Gesellen gebildeten sozialen Gruppen, weswegen der Gilde-Begriff die sich überlappenden sozi- alen, religiösen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Mitglieder dieser Gruppen besser unterstreicht471. IV.2.2.3 Die Hervorhebung der ständischen Absonderung von Knut Schulz Aber auch der Theorie von Wilfried Reininghaus wurde widersprochen. Vier Jahre nach der angesprochenen Monographie erschien eine umfassende Untersuchung von Knut Schulz zum Gesellenwesen in oberrheinischen und oberdeutschen Städten vom 14. bis zum 17. Jahrhundert472. Die Studie löste eine intensive Forschungskontroverse zwi- schen Reininghaus und Schulz zur Entstehung und zum Aufbau von Gesellenschaften aus473. Schulz wendet sich in seiner Monographie vor allem gegen den von Reininghaus 467 Ebd. 61. Typisch für Reininghaus ist seine Sicht der Gesellenvereinigungen als Ergebnis eines grup- pendynamischen Prozesses. Den Begriff der sozialen Gruppe definiert er nach Otto Gerhard Oexle erstens durch das Vorhandensein von gewissen Regeln und Normen, die die Gruppe konstituieren, zweitens durch Wechselbeziehungen zu anderen Gruppen bei gleichzeitiger Abgrenzung nach außen hin, drittens durch die innere Organisiertheit und viertens durch eine relative zeitliche Dauer und Kontinuität. Siehe dazu Reining- haus, Gesellengilden 25. Zum Begriff der sozialen Gruppe im Bereich der Gilden und Handwerkerverbände vgl. Oexle, Gilden passim, und allgemein ders., Soziale Gruppen, hier bes. 17f. und 22–24. Zur Zunft, die alle Kriterien einer sozialen Gruppe erfüllt, siehe auch zuletzt von Heusinger, Zunft 335f. 468 Reininghaus, Gesellengilden 46–49, 63f. 469 Reininghaus, Gesellengilden 55–59. 470 Ebd. 78–89; ders., Methodik 376. 471 Reininghaus, Gesellengilden 76f. 472 Schulz, Handwerksgesellen. 473 Die unterschiedlichen Ansichten der beiden Forscher sind bereits in der Rezension von Schulz
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Title
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Subtitle
(1364–1555)
Author
Markus Gneiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
674
Keywords
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Categories
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