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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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IV.2. Gesellen und Gesellenschaften 91 sellen des jeweiligen Handwerks darauf bestanden haben, doch als gesellen im Stadtbuch bezeichnet zu werden; genausogut kann die Änderung aber auch vom Rat oder gar vom Schreiber selbst, der den anderen Begriff für angemessener hielt, ausgegangen sein. In der Vorlage, die für die Niederschrift in das HWOB verwendet wurde, ist mit großer Wahr- scheinlichkeit knecht gestanden, sonst hätte Hirssauer diesen Begriff bei der Eintragung nicht konsequent verwendet. In jedem Fall zeigen diese beiden Ordnungen aber eine erst- mals wahrnehmbare Sensibilität für die Verwendung von entweder knecht oder geselle, sonst wäre dieses eine Wort nicht nachträglich durchgehend ausgebessert worden. Die Bezeichnung geselle taucht in den Jahren nach 1439 – dem Jahr des Erlasses der allgemeinen Gesellenordnung535, in der noch der knecht-Begriff Verwendung findet – vermehrt auf, beispielsweise 1442 bei den Schneidern536, 1443 bei den Schustern537, 1444 in der Ordnung der Sporer538 und 1445 bei den Kürschnern539. Trotz allem bleibt daneben die Bezeichnung knecht erhalten, wenn auch in deutlich weniger Fällen als noch vor 1439540. Ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dominiert also, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Bezeichnung geselle in den im HWOB überlieferten Ord- nungen. Einen Sonderfall stellt die Bezeichnung chnappe dar, die nur sehr selten im HWOB auftaucht: In der undatierten, aber in das erste Viertel des 15. Jahrhunderts zu verorten- den Ordnung der Barchentweber541 findet sie sich einmal neben der damals gängigen Verwendung des Wortes knecht. Über ein Jahrhundert später – in der Tuch- und Kotzen- macherordnung von 1530 – taucht der Begriff knappe erneut auf, hier wird sogar von der Erlangung eines knappenrechts für neu ankommende Gesellen bzw. ausgelernte Lehrlinge gesprochen542. Im Zusatz zur Leinweberordnung von 1555 wird durchgehend khnappe verwendet543. Sowohl „Knecht“ als auch „Knappe“ wurden im Mittelalter in vielen Städ- ten des Heiligen Römischen Reiches gleichwertig verwendet. Beide Begriffe drücken eine Abhängigkeit von einem Herrn aus. In der Gegend um Wien war die Bezeichnung „Knappe“ eher unüblich, umso bemerkenswerter erscheint deren Verwendung bei den Barchent- und Leinwebern544. Vielleicht hängt dies mit den intensiven Kontakten der Barchentweber mit Kaufleuten aus den wirtschaftskräftigen oberdeutschen Produktions- 535 Siehe Nr. 244, und oben S. 87f. 536 Siehe Nr. 82. 537 Siehe Nr. 84. 538 Siehe Nr. 245a. 539 Siehe Nr. 252. 540 Und zwar in der Riemerordnung von 1451 (Nr. 167), in der Schusterordnung von 1453 (Nr. 85), in der Fronleichnamsprozessionsordnung von 1463 (Nr. 358), bei den Bortenwirkern 1469 (Nr. 217), bei den Müllern 1488 (Nr. 190), erneut in einer jüngeren Schusterordnung (1495, Nr. 312) und noch im 16. Jh. bei den Hufschmieden (1532, Nr. 352). Beide Bezeichnungen finden sich unter anderem in der Schlosserordnung von 1444 (Nr. 107), in der Schusterordnung von 1463 (Nr. 86) und bei den Lebzeltern im Jahr 1516 (Nr. 336). 541 Siehe Nr. 65. 542 Siehe Nr. 314 Art. 16, 18. 543 Siehe Nr. 72. 544 Vgl. dazu Uhlirz, Gewerbe 631; Kluge, Zünfte 166. Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwe- sen 48, zeigt, dass „Knappe“ auch singulär bei den Leinwebern von St. Pölten und von Graz vorkommt; Druck der Ordnung der St. Pöltner Leinweber: Horawitz, Zunftwesen 1 220f.; Otruba, Berufsstruktur 308–310 Nr. 80. Vgl. auch zwei kopial überlieferte Urkunden der Leinweber von Waidhofen/Ybbs von 1515 und 1519, in denen ebenso von knappen die Rede ist, siehe dazu Lacroix, Entwicklung 198f.; Marks, Leinengewerbe 183, 185f. Für den Hinweis bezüglich Waidhofen danke ich Herwig Weigl.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Title
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Subtitle
(1364–1555)
Author
Markus Gneiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
674
Keywords
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Categories
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