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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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Page - 114 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)

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114 IV. Inhaltliche Aspekte und jungen Gesellen sollen Kerzen haltend vor ihren Meistern gehen746. Auch in weiteren Gesellenordnungen wiederholt sich die Bestimmung bezüglich der Fronleichnamspro- zession immer wieder, die Gesellen werden angehalten, an dieser zusammen mit ihren Meistern teilzunehmen747. Eine Ausnahme bildet hierbei allerdings unter anderem die Tischlerordnung von 1497748. In der Bruderschaft der Tischler – wahrscheinlich war die Gesellenschaft eng an die Meisterzeche gebunden oder gar mit ihr vereint – ist das Corpus Christi im Zentrum der Verehrung; die heiligen Messen sollen unter anderem zu den eren unnsers lieben Herren Fronleichnambs bey allerheyligen thumbkirchen zu sannd Steffan hie gehalten werden749. Dass nicht explizit auf die Prozession eingegangen wird, verwundert nicht, da seit 1497 die Zeche der Tischler in die Wiener Fronleichnamsbruderschaft in- korporiert war750. Welche Bedeutung der Fronleichnamsumzug für die Handwerker einnahm, zeigt die im Wiener Handwerksordnungsbuch überlieferte Fronleichnamsprozessionsordnung von 1463. Diese ist auf einem Pergamentblatt geschrieben und als letztes Blatt dem Papier- buchblock beigefügt: Vermerkcht die ordnung aller hantwercher hantwerch hie zu Wienn, wie die an Gotzleichnamstag in der process nacheinander geen sullen, anno etc. LXIIIo 751. Die Ordnung legt also die Reihenfolge fest, in der die Handwerker bei der Prozession zu gehen haben. Aufgrund des Umfangs dieser Ordnung kann an dieser Stelle nicht auf die gesamte Liste eingegangen werden, jedoch seien die erste und die letzte Reihe hervorge- hoben: Den Beginn bilden die Zimmerleute, den Abschluss (also Reihe 61) die Gold- schmiede mit ihren Gesellen. Auch wenn die Anzahl an Reihen immer wieder schwankte, so bildeten diese beiden Gewerbe auch in den meisten neuzeitlichen Wiener Fronleich- namsordnungen die erste und die letzte Reihe752. Neben den Meistern der einzelnen Ge- werbe werden öfters auch explizit die Gesellen genannt, beispielsweise bei den Sattlern, Messerern, Schustern, Pfeilschnitzern oder Schneidern. IV.2.5.6. Zusammenfassung Dass die religiös-soziale Komponente eine zentrale Funktion der Gesellenschaften war, ist durch die Analyse der Ordnungen des HWOB evident. In nahezu jedem bruder- 746 Siehe Nr. 252 Art. 13. Vgl. dazu auch Opll, Zeitverständnis 39f. 747 Beispielsweise in den Ordnungen der Schuster (1463, Nr. 86 Art. 6), der Müller (1489, Nr. 190 Anm. a; hier wird in einem Nachtrag festgehalten, dass die Müller in der Prozession vor den Bäckern gehen sollen), der Beutler (1517/18, Nr. 340 Art. 13), der Tuch- und Kotzenmacher (1530, Nr. 314 Art. 21) oder der Hufschmiede (1532, Nr. 352a Art. 4). 748 Siehe Nr. 317. 749 Siehe Nr. 317 Narratio. 750 Die Fronleichnamsbruderschaft zu St. Stephan existierte seit 1347, siehe dazu Weissensteiner, Bruderschaften 28; rezent: Gruber, Gottsleichnamsbruderschaft 174. Zu der inkorporierten Tischlerbruder- schaft vgl. auch Hadamowsky, Mittelalterliches geistliches Spiel 10. Im HWOB ist ebenso eine Ordnung der Fronleichnamsbruderschaft enthalten, in welcher der Ablauf des Passionspiels geändert wird, siehe Nr. 323. Vgl. auch allgemein zu Passionsspielen bei St. Stephan, die mitunter Teil der Prozession waren: Camesina, Passions- spiel passim; Capra, Spiel passim. 751 Siehe Nr. 358; Opll, Zeitverständnis 40; Scheutz, Kaiser und Fleischhackerknecht 92f. (mit ei- nem interessanten Vergleich mit den Prozessionsordnungen der Neuzeit). Die Ordnung wurde wahrscheinlich vor dem 8. März 1463 erlassen, da die Schustergesellenordnung (Nr. 86) mit diesem Tag datiert ist und im betreffenden Artikel (Art. 6) zur Fronleichnamsprozession bereits auf die Ordnung der Stadt verwiesen wird (nach ... der stat ordnung hie zu Wienn). 752 Scheutz, Kaiser und Fleischhackerknecht 80–86, 92f.; siehe dazu auch Goda, Metamorphoses 21.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Title
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Subtitle
(1364–1555)
Author
Markus Gneiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
674
Keywords
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
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