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118 IV. Inhaltliche Aspekte
durch unehrbare Frauen (unerber frawen) schmähen solle. Die Heirat mit welchen Frauen
auch immer – oftmals explizit mit unehrbaren – ist in verschiedenen Handwerken, wie
beispielsweise bei den Fleischhauern, strengstens untersagt768.
Das allgemeine Verhalten der Gesellen in der Öffentlichkeit sollte – wie bereits er-
wähnt – tadellos sein. Mitunter heben die im HWOB zu findenden Ordnungen in die-
sem Zusammenhang auch ungebührliches Verhalten gegenüber Frauen hervor. So wird in
der Schneidergesellenordnung von 1442 festgelegt, dass jeder, der vor Frauen bzw. Jung-
frauen schimpft (untzùchtigclichen redet) oder sich vor ihnen und den Gesellen in irgend-
einer anderen Form ungebührlich verhält, mit der Zahlung von einem Vierdung Wachs
bestraft werden soll769. Eine ähnliche Bestimmung – hier jedoch auf die Schmähung der
Frauen im Meisterhaushalt bezogen – ist beispielsweise auch in der Messererordnung von
1470 überliefert, aber mit einer empfindlich höher bemessenen Strafe: Dem Gesellen
droht der Ausschluss aus dem Handwerk770.
Die in den Gesellenordnungen des HWOB enthaltenen Verfügungen, den Umgang
mit Frauen betreffend, lassen sich zusammenfassend folgendermaßen charakterisieren:
Zum einen sollte ein Geselle die Ehre des Handwerks und seines Meisterhaushaltes durch
Kontakt mit unehrbaren Frauen, wohl in vielen Fällen Prostituierten, nicht schmähen,
zum anderen sollte er sich auch Frauen gegenüber generell tadellos verhalten. Die vielen
diesbezüglichen Bestimmungen verwundern nicht, geben sie doch ein wenig Einblick in
die Lebenswelt der oftmals jungen Männer, die in einer ihnen fremden Stadt Kontakt
zum anderen Geschlecht suchten. Auf sittliches Verhalten wurde anscheinend allgemein
Wert gelegt, in Bezug auf die Kontakte der Gesellen zu Frauen sah man offenbar einen
großen Bedarf, gewisse Normen festzulegen. Ob dadurch tatsächlich der Umgang der Ge-
sellen mit unehrbaren Frauen bzw. Prostituierten verhindert werden konnte, muss stark
bezweifelt werden, wie die immer wiederkehrenden diesbezüglichen Verfügungen vermu-
ten lassen.
IV.2.6.3. Öffentliches Glücksspiel
Die Bestimmungen zum Glücksspiel mit Würfel und Karten finden sich bereits
verhältnismäßig früh in den Ordnungen des HWOB: Schon im Jahr 1407 müssen die
Fleischhauergesellen schwören, sich nicht dem Glücksspiel hinzugeben; als Strafe wird
ein vollständiges Arbeitsverbot in Wien festgesetzt771. Ein Glücksspielverbot enthalten
auch die Ordnungen der Bäckergesellen (1429)772, der Gesellen des Hafnerhandwerks
(1489)773 oder der Lebzelter (1516)774.
Eingeschränkte Spielverbote sind ebenso im HWOB überliefert. 1442 legt die Ord-
nung der Schneidergesellen fest, dass die Spieleinsätze bei Brettspielen nicht höher als
768 Siehe dazu auch oben S. 93f.
769 Siehe Nr. 82 Art. 9.
770 Siehe Nr. 111 Art. 14.
771 Siehe Nr. 198; vgl. dazu auch Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 105. Diejenigen Meis-
ter, die den aus dem Wiener Handwerk ausgeschlossenen Gesellen trotzdem aufnehmen, werden mit einer
Geldstrafe von fünf Pfund und 72 Pfennigen belegt.
772 Siehe Nr. 192 Art. 1, 2. Der Artikel erwähnt explizit das Spiel mit falschen Würfeln und das ge-
werbsmäßige Betreiben von Glücksspielen an öffentlichen Plätzen, vgl. Pauser, Leichtfertige spill 22.
773 Siehe Nr. 309 Art. 9.
774 Siehe Nr. 336 Art. 8.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen