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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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122 IV. Inhaltliche Aspekte bar ihre Freizeit vertrieben und welche Dienste sie gegenüber der Stadt zu leisten hatten. Gerade die Einschränkungen, die das Trinken, das Spielen und den Umgang mit Frauen betreffen, bieten mittelbar Einblicke in die Lebenswelt zahlreicher Gesellen. Diese wa- ren oftmals – aber nicht ausschließlich – junge, ledige Erwachsene, die sich für Dinge interessierten, die man als ungebundener junger Mann im Sinne einer Jugendphase ein- fach erleben wollte. Dass von Seiten der Meister und der Gesellenschaften normierend eingegriffen wurde, überrascht dabei nicht, auch wenn die Frage nach der Wirksamkeit der Verbote auf Grundlage des vorliegenden Materials nicht ausreichend geklärt werden kann. IV.2.7. Zusammenfassung Die in diesem Kapitel besprochenen Ordnungen regeln in Summe gesehen alle Le- bensbereiche der sich in der Stadt aufhaltenden und arbeitenden Gesellen. Sehr umfang- reich gestalten sich die einzelnen Bestimmungen in Bezug auf die normgerechte Einstel- lung und Entlohnung der Gesellen. Hier sicherten sich beide Seiten ab: Der Meister hatte eine gewisse Orientierung, wie viel er seinen Bediensteten zahlen musste, während die gerade in die Stadt gekommenen Gesellen eine Grundlage hatten, auf deren Basis sie ver- handeln konnten. Mit ziemlicher Sicherheit stellen die in den Ordnungen festgehaltenen Beträge meistens Höchstlöhne dar, oftmals war es dem Meister möglich, seine Gesellen nach Fertigkeiten und Wochenleistungen zu bezahlen. Trinkgelder sollten nur in gerin- gem Maße ausgezahlt werden, manche Handwerke – wie beispielsweise die Sporer – regel- ten genau, für welche Leistungen der Geselle ein Trinkgeld erhalten durfte. Das richtige Verhältnis von Arbeits- und Freizeit war es vor allem, das im ersten Drit- tel des 15. Jahrhunderts vermehrt zu Konflikten zwischen Meistern und Gesellen führte. Während sich die Gesellen für fix geregelte Arbeitszeiten und einen freien Tag in der Wo- che einsetzten, versuchten die Meister zumindest das unerlaubte Feiern unter der Woche einzuschränken. Besonders die Ankunft eines fremden Gesellen in der Stadt lieferte für die in Wien anwesenden Gesellen oft den Grund, sich während der Arbeitszeit unerlaubt freizunehmen und den Neuankömmling mit einem Umtrunk zu begrüßen. Gerade diese Konfliktfelder waren es auch, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ein spürbar stär- keres Hervortreten der die Interessen ihrer Mitglieder vertretenden Gesellenvereinigungen bedingten. 1439 wurde vom Rat der Stadt Wien eine allgemeine Gesellenordnung erlassen, die unter anderem diese Frage des unerlaubten Freinehmens während der Arbeitswoche regelte. In Summe konnten sich die Meister mit ihrer Forderung nach einem Verbot des werktäglichen Feierns zwar durchsetzen, trotzdem legte die allgemeine Gesellenordnung von 1439 wohl den Grundstein für die endgültige Etablierung von Gesellenschaften in Wien, auch wenn ihre Rolle dabei nicht überbewertet werden darf. Der zunehmende Be- deutungsgewinn dieser Gesellenorganisationen ging ebenso mit dem vermehrten Gebrauch des Wortes geselle statt der bis dahin weitgehend üblichen Bezeichnung knecht einher; beide Begriffe sind jedoch bis in das 16. Jahrhundert in den Texten des HWOB vorzufinden. Die Gesellenverbände nahmen neben der Vertretung von arbeitsrechtlichen Fragen gegenüber den Meistern vor allem religiöse und karitative Funktionen wahr. Meistens standen sie unter der Leitung von anfangs vier – später auch weniger – Vorständen (alt- gesellen, vierer, puchsenmayster), denen zum einen die Verwaltung der zentralen Kassa der Organisation (Gesellenbüchse) oblag, in die Mitgliedsbeiträge und Strafzahlungen für
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Title
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Subtitle
(1364–1555)
Author
Markus Gneiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
674
Keywords
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Categories
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