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136 IV. Inhaltliche Aspekte
Ordnungen der Schuster (1422, 1453, 1495)912, der Bäcker (1429)913, Krämer (1463)914
oder der Sporer (1518)915. Eine gerade Zahl von zwei oder vier Zechmeistern ist also üb-
lich, die Messerer bilden mit drei Zechvorstehern eine Ausnahme916. Gewählt werden die
Zechmeister in der Regel jährlich, die Ordnungen der Krämer von 1463917 und der Mül-
ler von 1488918 geben Weihnachten als Wahltermin an, in der Ordnung der Leinwater919
ist vom Allerkindleintag (28. Dezember) als Wahltermin die Rede. Für die Bestätigung
dieser Wahl durch den Wiener Stadtrat gibt beispielsweise die Ordnung der Barchent-
und Leinweber einen genauen Termin an, nämlich den ersten Ratstag nach Weihnach-
ten920.
Neben den religiös-bruderschaftlichen Aufgabengebieten der Zechmeister, zu denen
weiter unten noch mehr gesagt wird921, sprechen die im HWOB enthaltenen Ordnun-
gen denselben – ähnlich wie bei der Goldschmiedeordnung von 1367 – auch eine Reihe
an finanziellen und arbeitsbezogenen Agenden zu. Von der Wichtigkeit der Anwesen-
heit der Zechmeister bei der Aufdingung der Lehrlinge war bereits die Rede922. Auch die
Kontrollfunktion der Zechmeister in Bezug auf die Gesellenbüchse wurde weiter oben
schon angesprochen923, ebenso wie die Rolle der Zechmeister bei der Meisterprüfung924.
Die Verwaltung der finanziellen Seite der Meisterzechen oblag wohl weitgehend der Zu-
ständigkeit der Zechmeister, sie hatten unter anderem die Zechbüchse inne und kontrol-
lierten die dortigen Einnahmen und Ausgaben925. Auch die jährliche Rechnungslegung
erfolgte in der Regel durch die Zechmeister926. Umfassende wirtschaftliche Aufgaben nah-
men die Zechmeister offenbar bei den Bäckern und Melbern wahr927. Neben der Beschau
der Waren waren sie auch für die Festsetzung des Mehlpreises und für die Nachbesetzung
der zehn Melber-Stellen zuständig.
Die genannten Ordnungen der Bäcker leiten damit auf die nicht immer einfach zu
beantwortende Frage nach der Differenzierung zwischen Zech- und Beschaumeistern
über. Schon in der ältesten im HWOB enthaltenen Ordnung – die der Zaumstricker von
1364 – ist davon die Rede, dass die Handwerksmeister zwei ehrbare und getreue (erber
und getrew) Meister auswählen sollen, die sowohl die in Wien hergestellte als auch durch
fremde Handwerker bzw. Kaufleute in die Stadt gebrachte Arbeit beschauen und bei ne-
912 Siehe Nr. 83 Art. 2; 85 Art. 4; 311 Narratio.
913 Siehe Nr. 193 Art. 2, 7.
914 Siehe Nr. 293 Art. 3.
915 Siehe Nr. 344 Art. 3.
916 Vgl. dazu auch Zatschek, Handwerk 63.
917 Siehe Nr. 293 Art. 3.
918 Siehe Nr. 190 Art. 2.
919 Siehe Nr. 333 Art. 10.
920 Siehe Nr. 71 Art. 2.
921 Siehe unten S. 146–148.
922 Siehe oben S. 72.
923 Siehe oben S. 108.
924 Siehe oben S. 129.
925 Wie beispielsweise die Ordnung der Haarsieber von 1454 (Nr. 276 Art. 4.) ganz deutlich sagt: Item
das auch dieselben zwen zèchmaister ir zechpùchsen innhaben und das gelt, so darein gevellet, innemen und treulich
aufsehen sullen. Siehe dazu auch die Ordnung der Krämer von 1463, Nr. 293 Art. 9.
926 Explizit äußern sich dazu zum Beispiel die Ordnungen der Tischler (1497, Nr. 317 Nr. 2) und der
Schiffleute (1552, Nr. 307 Art. 3). Vgl. dazu auch Zatschek, Handwerk 74.
927 Besonders in der Ordnung von 1429 wird dies deutlich, vgl. Nr. 193 Art. 2–4, 7; ebenso in der nach
1443 erlassenen Ordnung, vgl. Nr. 194 Art. 3–5, 8.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen