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IV. 3. Meister 141
Die Vermittlung des Einkaufs durch die Zeche erfolgt in der Regel durch vorher-
gehende Ankündigung bei den Mitmeistern. Die Umsage innerhalb der Zunft wird
entweder vom Zechmeister oder von demjenigen Meister, der den Einkauf durchführt,
vorgenommen. Im Jahr 1428 wird bei den Hufschmieden festgelegt, dass die beiden Be-
schaumeister die Zechmitglieder fragen sollen, ob sie die eben nach Wien gebrachten
Hufeisen oder Hufnägel kaufen wollen. Nach einer Frist von zwei Tagen dürfen dann die
fremden Handwerker bzw. Kaufleute, die die Hufeisen und -nägel hergebracht haben,
diese auch anderen Bürgern anbieten988. Ein anderes Beispiel für die Vermittlung des Ein-
kaufs von Rohstoffen durch die Zeche bieten die Schuster, laut deren Ordnung von 1443
der Lederkauf auf dem Mauthaus zwischen acht Uhr und neun Uhr vormittags und dann
wieder zwischen ein Uhr und zwei Uhr nachmittags stattfinden soll989.
Bei den Leinwatern ist der gemeinsame Einkauf von Leinwand offenbar ein wichtiger
Aspekt der Zechorganisation, findet er sich doch gleich in mehreren Ordnungen: 1493
wird festgelegt, dass die Zechmeister den Meisterinnen und Meistern (brudern und sbess-
tern) des Handwerks verkünden sollen, wenn Leinen in die Stadt kommt, damit diese
ihren Einkauf tätigen können. Ein heimlicher Kauf wird strengstens untersagt und mit
einer Strafzahlung belegt990. 1516 hat der Zechmeister ebenfalls die Pflicht, den Zech-
mitgliedern die Kaufmöglichkeit von Leinwänden anzukündigen, die anschließend drei
Tage Zeit haben, diese zu kaufen991. Im Jahr 1517 wird zusätzlich bestimmt, dass jeder
Leinwater, der nach vorhergehender Ansage des Zechmeisters seinen Kauf getätigt hat,
allen Zechmitgliedern dies verkünden soll, damit diese auch die Möglichkeit haben, ihren
Teil von diesem Einkauf zu erstehen992.
Der Zunftkauf in der weiter oben genannten Definition tritt ganz eindeutig bei den
Badern im Jahr 1475993 in Erscheinung: Das von diesem Gewerbe benötigte Holz soll
nur für alle Zechmitglieder gekauft und danach unter diesen aufgeteilt werden. Als Ein-
käufer fungieren dabei einer der Zechmeister sowie ein anderer Meister, der damit be-
auftragt worden ist. Auch Mischformen zwischen der Vermittlung durch die Zeche und
dem Zunftkauf waren möglich. Ein relativ frühes Beispiel dafür ist bei den Lederern im
Jahr 1428994 zu finden: Sollte zu wenig Lohe in Wien lagernd sein, dann muss dies dem
Zechmeister gesagt werden, der dies wiederum in der gesamten Zeche verkündet. Wenn
anschließend kein Bote für das gesamte Handwerk ausziehen sollte, um Lohe zu kaufen,
dann kann sich ein Meister zu diesem Zweck auf Reisen begeben und nach eigenem Wil-
len (ob er wil ) die gesamte erstandene Lohe selbst behalten. Eine ähnliche Bestimmung
ist beispielsweise bei den Plattnern (1469, 1479)995 sowie bei den Flaschenschmieden
(1479)996 zu finden und betrifft das von diesen Handwerkern benötigte Material.
Der durch die Zechen regulierte Einkauf von Arbeitsmaterialien und anderen Wa-
ren hatte vor allem den Vorteil, Fürkauf (Vorkauf) zum Nachteil des Handwerks zu ver-
hindern, den Einkaufspreis weitgehend anzugleichen und allen Zechmitgliedern eine
988 Siehe Nr. 218 Art. 5; Zatschek, Handwerk 102.
989 Siehe Nr. 84 Art. 4; Zatschek, Handwerk 102.
990 Siehe Nr. 278.
991 Siehe Nr. 333 Art. 8.
992 Siehe Nr. 339 Art. 2.
993 Siehe Nr. 212 Art. 4; Zatschek, Handwerk 104.
994 Siehe Nr. 171 Art. 3; Zatschek, Handwerk 101.
995 Siehe Nr. 132 Art. 4; 133 Art. 4; Zatschek, Handwerk 102.
996 Siehe Nr. 300 Art. 6.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen