Page - 148 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Image of the Page - 148 -
Text of the Page - 148 -
148 IV. Inhaltliche Aspekte
chen wurde1036. Die Zechmeister organisierten die Begräbnisse und die Zechzusammen-
künfte, hatten die Aufsicht über das Zechvermögen und kümmerten sich wohl auch um
die Leihe von zentral aufbewahrten Bahrtüchern und Kerzen. Die Mitglieder der Zechen
mussten den Zechmeistern in jedem Fall gehorsam sein. Die mehrere Artikel umfassen-
den Bestimmungen für die Begräbnis- und Messfeierlichkeiten der St. Oswald-Bruder-
schaft zeigen die zentrale Stellung, die das „ehrliche Begräbnis“1037 und die Totenmemoria
in diesen Organisationen einnahmen. Diese Festivitäten wurden entweder teilweise oder
im Gesamten über regelmäßige Einzahlungen durch die Mitglieder in eine Zechbüchse
finanziert. Die Organisation von Meisterzechen unterscheidet sich damit – wenig überra-
schend – kaum vom Aufbau und den Aufgabengebieten der Gesellenschaften, die sich in
dieser Hinsicht ja stark an den Meisterverbänden orientierten1038.
IV.3.3. Meisterin, Meisterwitwe, Meistersohn und Meistertochter
Der Handwerksmeister war bei der Führung seines Betriebs auf die Hilfe seiner Mit-
arbeiter – also Lehrlinge, Gesellen und Mägde – und auch seiner Ehefrau und Kinder
angewiesen. Wie weiter oben bereits ausgeführt wurde1039, galt es als eine Grundvoraus-
setzung für die Erlangung der Meisterschaft in der Stadt, dass der angehende Meister
verheiratet war oder sich ehestmöglich verheiraten musste. Das Ehepaar teilte sich in der
Regel als Arbeitspaar1040 die Rollen und Aufgaben im Meisterhaushalt. Über die Meisterin
selbst ist aus den Ordnungen des HWOB nur wenig zu erfahren. In der Ordnung der
Lebzelter von 1445 wird beispielsweise festgelegt, dass Lebzeltermeisterinnen ebenso wie
andere, die von einem Meister zu den Verkaufsplätzen geschickt werden, bei den anderen
Meisterinnen stehen und ihre Waren verkaufen dürfen1041.
Häufiger finden sich jedoch Bestimmungen, die im Zusammenhang mit Heirat und
Wiederverheiratung im Todesfall des Meisters stehen. Gerade der Punkt der Wieder-
verheiratung von Meisterwitwen ist ein ganz entscheidender, war doch der Wegfall des
Ehe- und Arbeitspartners ein nicht zu unterschätzendes Problem für den Handwerksbe-
trieb1042. Die Erleichterung der Wiederverheiratung durch Vorteile für den neuen Ehe-
gatten kann somit als eine Maßnahme der Zeche zur sozialen Sicherung der Witwen an-
gesehen werden1043. 1439 wird bei den Messerern die Anzahl der Gesellen und Lehrlinge
eines Meisters von dessen Eheschließung mit einer Meisterin oder einer Meistertochter
abhängig gemacht. All jene, die keine Meisterin oder Meistertochter zur Frau nehmen,
dürfen im ersten Jahr nur einen Gesellen und einen Lehrling anstellen, im zweiten Jahr
1036 Siehe oben S. 133–136.
1037 Zu diesem Begriff siehe oben S. 110.
1038 Siehe dazu zusammenfassend oben S. 16.
1039 Siehe oben S. 129.
1040 Zum besonders für das frühneuzeitliche Handwerk geltenden Begriff des Arbeitspaares siehe Wun-
der, Überlegungen 20f. Vgl. dazu auch Kruse, Witwen 4; Korge, Kollektive Sicherung 383f. Rezent auch von
Heusinger, Zunftfamilie passim, die zeigt, dass zwar zahlreiche Ehefrauen im Straßburger Handwerk im selben
Gewerbe tätig waren wie ihre Männer, doch auch ein nicht zu unterschätzender Teil einem anderen Gewerbe
nachging. Ähnliches lässt sich bei den Straßburger Meistersöhnen und – in bemerkenswerter Weise sehr deut-
lich – bei den Meistertöchtern feststellen.
1041 Siehe Nr. 251 Art. 6.
1042 Korge, Kollektive Sicherung 383.
1043 Ebd. 385; vgl. dazu auch allgemein Wissell, Recht 2 41–53; Fröhlich, Soziale Sicherung 111.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen