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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Page - 150 -
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150 IV. Inhaltliche Aspekte im Witwenstand verbleibt1054. Bei den Goldschlägern wird 1481 sogar bestimmt, dass die Witwe die Zeche verliert, wenn sie einen anderen Mann ab demselben irem hanndtwerch – also wohl einen Handwerker anderen Berufstandes oder aus einer anderen Zeche – heira- tet; solange sie jedoch im Witwenstand verbleibt, darf sie Gesellen und Lehrlinge behalten und den Betrieb weiterführen1055. Doch nicht bei allen Handwerken sind solch relativ lockere, die Wiederverheiratung von Witwen und die Weiterführung des Handwerks be- treffende Bestimmungen zu finden. Bei den Tuchscherern wird 1429 erlaubt, dass eine Witwe lediglich ein Jahr die Werkstatt ihres verstorbenen Gatten mit einem Gesellen wei- terführen darf, danach soll die Werkstatt zugesperrt werden1056. An den genannten Beispielen ist zu erkennen, dass die im HWOB enthaltenen Be- stimmungen zu Meisterwitwen einen – zumindest der Norm nach – durchaus freizügi- gen Umgang mit der Fortführung des Meisterbetriebs abbilden. Genaue Beschränkungen der Witwenzeit sind – mit Ausnahme der Ordnung der Tuchscherer von 1429 – keine zu finden. Trotzdem zeigen gerade auch die immer wieder genannten und mit der Wie- derverheiratung in Verbindung stehenden Vorteile, dass die Fortführung der Werkstatt durch die Witwe nicht überall uneingeschränkt gerne gesehen war. Im HWOB treten also als soziale Sicherungsmaßnahmen für die Hinterbliebenen eines verstorbenen Meisters einerseits das Fortführungsrecht und andererseits die Erleichterung der Wiederverheira- tung auf, wobei für beide Bereiche zu wenige Beispiele vorliegen, um eine weitreichende Aussage darüber zu treffen, welche der beiden Maßnahmen nun tatsächlich im Untersu- chungszeitraum bei den Wiener Handwerkern vorherrschte. Wie bereits weiter oben im Kapitel angedeutet wurde, genossen die Meistersöhne1057 laut diversen Ordnungen durchaus gewisse Vorteile, zumindest wurden sie – was die Er- langung des Meisterrechts betrifft – öfters mit Meisterschaftsanwärtern gleichgesetzt, die eine Witwe oder eine Meistertochter ehelichten. Neben den bereits genannten Bestim- mungen enthalten auch Ordnungen anderer Handwerke Erleichterungen für die Meister- söhne. Die Krämer verlangen 1463 von einem kramer sun oder einer tochter bei Zechein- tritt keine Einzahlung in die Büchse, sondern nur die Erlangung des Bürgerrechts, sollten diese Krämerei treiben wollen und die Eltern bereits Mitglied der Zeche sein1058. Den Söh- nen der Kammmacher- und Bürstenbindermeister wird 1472 erlaubt, die Meisterschaft ohne Anfertigung der Meisterstücke zu erlangen, jedenfalls dann, wenn sie die Lehrzeit auf dem hantwerch verbracht haben1059. Bei den Goldschlägern wird 1481 bestimmt, dass ein Meistersohn keine Lehrjahre leisten und auch das in die Zeche gegebene Meisterstück – eine Goldschlägerform – mit zwei statt mit ansonsten üblichen vier ungarischen Gul- den ablösen kann1060. Die Ordnung der Kartenmacher von 1525 legt zumindest fest, dass ein Meistersohn jederzeit als Geselle arbeiten darf und auch Meister werden kann, wenn er in einer anderen Werkstatt als der seines Vaters gearbeitet hat1061. Bei den Tuch- und Kotzenmachern findet sich im Jahre 1530 die Bestimmung, dass ein von seinem eigenen Vater von den Lehrjahren freigesprochener Lehrling nur die Hälfte der üblichen Summe 1054 Siehe Nr. 247 Art. 4. 1055 Siehe Nr. 153 Art. 9; Zatschek, Handwerk 241f. 1056 Siehe Nr. 225 Art. 4; Zatschek, Handwerk 242. 1057 Zu diesen vgl. unter anderem allgemein Wissell, Recht 2 35–41; Kluge, Zünfte 242–244. 1058 Siehe Nr. 293 Art. 5. 1059 Siehe Nr. 96 Art. 3. 1060 Siehe Nr. 153 Art. 5. 1061 Siehe Nr. 348 Art. 3.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Title
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Subtitle
(1364–1555)
Author
Markus Gneiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
674
Keywords
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
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