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IV. 3. Meister 151
bezahlen muss, um den Status eines Gesellen (das knappenrecht) zu erlangen1062. In man-
chen Ordnungen sind jedoch ebenso Bestimmungen enthalten, die eine Bevorzugung
der Meistersöhne strikt untersagen, so zum Beispiel bei den Fleischhauern (1431)1063, in
der bereits im Zusammenhang mit dem Fortführungsrecht der Witwen genannten Ord-
nung der Weißgerber (1428)1064 oder bei den Tischlern (1504)1065. Es sind also aus den im
HWOB genannten Nachrichten über Meistersöhne gewiss Erleichterungen für dieselben
erkennbar, jedoch ist dies nicht in allen untersuchten Ordnungen der Fall.
IV.3.4. Störer
Zum Abschluss des Kapitels über die Handwerksmeister soll nun noch ein Blick auf
diejenigen Handwerker geworfen werden, die ohne Zugehörigkeit zu einer Zeche bzw.
ohne Erlangung des Meister- und Bürgerrechts ein Handwerk trieben, nämlich auf die Stö-
rer. Dieser Begriff leitet sich wahrscheinlich ursprünglich von der ausschließlichen Lohn-
arbeit im Haus des Kunden ab, für die der Ausdruck „auf/in die Stör gehen“ gebräuchlich
war1066. Die Bezeichnung „Störer“ umfasste allerdings auch diejenigen Handwerker – egal
ob Meister oder Gesellen – die in den die Stadt umgebenden Dörfern wohnten, nicht Mit-
glied in einer Zunft/Zeche waren und bei den Bürgern um Aufträge warben1067.
Im Sinne der zweiten Definition ist bereits bei den Schneidern im Jahr 1368 von Stö-
rern zu lesen, obwohl diese in der Ordnung nicht explizit mit diesem Begriff bezeichnet
werden. Die Schneidermeister Wiens beschweren sich 1368 über Meister und Gesellen,
die ab dem lannd herin lauffend und sich nidersetzent in den herrenhèwsern und annderswo
in haimlichen hewsern, der ettlich weib habent und ettlich nicht und mit der stat nichtz
leident1068. Häufiger werden die Nachrichten über die Störer jedoch ab der Mitte des 15.
Jahrhunderts, besonders in Hinblick auf die Arbeit von Gesellen bei denselben. So legen
die Schneidergesellen in Absprache mit ihren Meistern im Jahr 1442 fest, dass sie auf
keinen Fall für einen Störer arbeiten bzw. mit diesem irgendwelche Absprachen treffen
wollen1069. Die Ordnung der Kummetmacher von 1451 spricht in aller Kürze ein gänzli-
ches Verbot des Störens aus: Und sol auch ir kainer auf dem lannd nicht stòrn1070. Bei den
Lebzeltern wird 1516 festgesetzt, dass kein Geselle aufgenommen werden darf, wenn er
bei den Störern gedient hat1071.
1062 Siehe Nr. 314 Art. 18.
1063 Siehe Nr. 200. Der Meistersohn muss hier vor der Heirat das Handwerk auf jeden Fall beweisen.
1064 Siehe Nr. 177 Art. 3. Sollte der Meistersohn das Handwerk außerhalb des Landes gelernt haben,
dann muss er sein Können beweisen und ist auch sonst verpflichtet, die anderen geforderten Nachweise vorzu-
bringen.
1065 Siehe Nr. 243 Art. 4.
1066 Zatschek, Handwerk 248; Schulz, Störer 685; Kluge, Zünfte 249. Der Zusammenhang mit
dem Verb: „stören“, ist evident; wahrscheinlich ist damit eine Person gemeint, die die rechtmäßige, gute Hand-
werksordnung stört, vgl. DWB 19 (1957) 412f. Auch bei einigen Zechen war es üblich, Lohnarbeit im Haus
des Kunden zu betreiben, dies jedoch mit der Herstellung im eigenen Betrieb und dem Verkauf auf dem Markt
zu verbinden. Als Beispiele dafür sind die Schneider (siehe dazu oben S. 85), die Kürschner oder die Hafner zu
nennen; vgl. Schulz, Störer 685.
1067 Schulz, Störer 685.
1068 Siehe Nr. 77 Narratio, und oben S. 85.
1069 Siehe Nr. 82 Art. 7; Zatschek, Handwerk 251.
1070 Siehe Nr. 258 Art. 7.
1071 Siehe Nr. 336 Art. 5; Zatschek, Handwerk 251.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen