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152 IV. Inhaltliche Aspekte
Mehr Informationen sind dem HWOB über Störer nicht zu entlocken. Weitere Be-
stimmungen über diese finden sich vor allem in Ordnungen des späten 16. bis zum 18.
Jahrhundert, doch liegen diese Nachrichten außerhalb des Untersuchungszeitraums der
vorliegenden Studie1072.
IV.3.5. Zusammenfassung
Die im HWOB enthaltenen Bestimmungen zu den Meistern beziehen sich großteils
auf die wirtschaftlich-arbeitsbezogene Seite der Zechen. Einen großen Raum nehmen
dabei die Voraussetzungen für die Aufnahme eines neuen Meisters ein. Aufnahmebedin-
gungen finden sich in den Ordnungen seit den 1360er Jahren, doch wurden sie besonders
im Laufe des 15. Jahrhunderts immer mehr ausgeweitet. Zum in der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts herausgebildeten Kanon des Herkunfts- und Leumundsnachweises, der
Eheschließung, des Erwerbs des Bürgerrechts und der allgemeinen Forderung nach dem
Nachweis der Handwerksfertigkeiten traten im 15. Jahrhundert sukzessive die Vorausset-
zungen des vereinzelt schon früher geforderten Beitritts in die Zeche, der Meisterprüfung
mit festgelegten Meisterstücken sowie des Nachweises des Ausdienens der Lehrjahre und
der ehelichen Geburt.
Von den Amtsträgern innerhalb der Zeche erfährt man einerseits über die Zech- und
andererseits über die Beschaumeister am meisten. Die Zechmeister waren regelmäßig ge-
wählte Vorstände der Handwerksorganisationen, ihnen oblagen zahlreiche Aufgaben und
es ist wohl nicht übertrieben, ihre Position innerhalb des Verbandes als hervorragend zu
bezeichnen. Die Zechmitglieder waren zu Gehorsam gegenüber den Zechmeistern ver-
pflichtet, die jedoch wiederum Bürgermeister und Rat als oberste Instanzen über sich
hatten. Die Wahl der Zechmeister wurde durch den Rat bestätigt und die Vorsteher der
Zeche mussten in den besprochenen Fällen jährlich öffentlich Rechnung über die Ein-
nahmen und Ausgaben ihrer Organisation legen. Die Verwaltung der Finanzen im Allge-
meinen oblag ihnen also ebenso wie die Kontrolle der Einzahlungen in die Zechbüchse.
Bei Zahlungsrückständen konnten sie auch Boten beauftragen, die offenen Beträge ein-
zutreiben. Neben dieser finanziellen Seite agierten die Zechmeister als Organisatoren der
Begräbnisfeierlichkeiten für verstorbene Zechmitglieder und der anschließenden Messfei-
ern, verwalteten die Leihe der im Besitz der Zeche befindlichen Bahrtücher wie Kerzen
und waren außerdem für die Verlautbarung von Zechzusammenkünften verantwortlich.
Die Beschaumeister, deren Funktion bereits in den Ordnungen der 1360er Jahre
nachweisbar ist, hatten vor allem zwei Aufgaben: Sie überprüften erstens die Qualität
der von ihren Handwerkskollegen hergestellten Waren und kontrollierten zweitens die
Fertigkeiten der neuen Meisterschaftsanwärter. Im 15. Jahrhundert sind mehrere Hand-
werke nachweisbar, in deren Ordnungen davon die Rede ist, dass die Zechmeister die ur-
sprünglichen Aufgaben der Beschaumeister übernehmen sollten bzw. von vornherein als
Beschaumeister agieren mussten. Als Qualitätsmerkmale dienten gut sichtbare Marken,
Siegel oder sonstige Zeichen auf den Produkten, damit die Kunden auf den ersten Blick
erkennen konnten, dass die Ware den erforderlichen Standards entsprach.
1072 Einen Überblick über die frühneuzeitlichen Bestimmungen bietet Zatschek, Handwerk 251–255.
Vgl. zu den diesbezüglichen Entwicklungen im 17., 18. und 19. Jh. auch: Ehmer, Familienstruktur 27f.; ders.,
Zünfte 98f.; Altfahrt, Professionisten passim; Buchner, Störer passim; Steidl, Mobilität 79f.; Haupt, Hof-
und hofbefreites Handwerk 33–36.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen