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160 IV. Inhaltliche Aspekte
sammen mit dem ebenfalls im HWOB überlieferten Eid des Hansgrafen, der vor 1440
eingetragen worden sein muss1131, stellt diese Satzung eine hervorragende Quelle für die
Zuständigkeitsbereiche des Trägers des Hansgrafenamtes im 15. Jahrhundert dar.
Der Hansgraf kann nach der Ordnung von 1408 von einem fremden Gewerbetreiben-
den den Eid verlangen, dass dieser nur durch die Stadt und aus dem Land reisen wolle, um
eine Geldschuld einzutreiben; um wieder in das Land zurückkommen zu können, ist es
dem Gast erlaubt, in der Fremde ein neues Pferd zu kaufen (Art. 1). Von jedem Pferd, das
von hinnen in das Land geführt wird, erhält der Hansgraf einen grassen phennig, also wohl
einen Groschen (Art. 2)1132, der Transport von Ochsen durch die Stadt ist abgabenfrei, es sei
denn, der fremde Kaufmann braucht eine urkundliche Bestätigung durch den Hansgrafen
(Art. 3). Im letzten Artikel wird dem Hansgrafen untersagt, beim Einbinden der Waren
der fremden Kaufleute anwesend zu sein. Die Anwesenheit ist nur dem Anwalt – also ei-
nem Vertreter – der geschworenen Mautner oder dem geschworenen Ballenbinder erlaubt,
die städtische Funktionäre sind (Art. 4). Carl Koehne interpretiert diese Stelle als Zeichen
des Misstrauens der städtischen Obrigkeit gegen den Hansgrafen als landesfürstliches Amt.
Man wollte sichergehen, dass der Hansgraf stadtfremde Kaufleute nicht begünstigte1133. Ob
die Bestimmung in derartig strenger Form ausgelegt werden kann, ist diskutabel, unbestrit-
ten wurde jedoch durch die Zuziehung der städtischen Amtsträger eine weitere Kontrollin-
stanz geschaffen, die sich auch in anderen Hansgrafenordnungen findet1134.
Aus dem Amtseid des Hansgrafen1135, den er bis um die Mitte des 15. Jahrhunderts
sowohl dem Rat als auch dem Landesfürsten leisten musste1136, sind noch weitere Ver-
pflichtungen herauszulesen: Er soll verhindern, dass landfremde Kaufleute mit ihren
Waren nach Ungarn fahren, auch dürfen diese in Ungarn keine Pferde und sonstige Gü-
ter kaufen. Der Schutz des Wiener Stapel- und Niederlagsrechts liegt also eindeutig in
der Hand des Hansgrafen: Sobald fremde Kaufleute in das Land kommen, müssen sie
ihre Waren in Wien niederlegen und diese dort Wiener Bürgern anbieten. Zudem ist
der Hansgraf laut dem Eid für die Einhaltung des Einfuhrverbots von Wein aus Ungarn
zuständig1137.
von Ebengreuth, Münzwesen 830f., erfolgte die Umwandlung in ein landesfürstliches Amt vor 1380, der Rat
behielt jedoch im 15. Jh. noch einige wenige Einflussmöglichkeiten. Die Hansgrafen gehörten bis 1500 jeden-
falls durchgehend der Wiener Bürgerschaft an, was auch Koehne, Hansgrafenamt 66, zugibt.
1131 Siehe Nr. 10 (dort auch zur Frage der Datierung des Eids). Dass das HWOB sowohl einen Eid als
auch eine Ordnung enthält, die sich mit den Zuständigkeiten des Hansgrafen auseinandersetzt, spricht für eine
gewisse – wenn auch geringe – Einflussnahme des Wiener Rats in der ersten Hälfte des 15. Jhs. Der Eid musste
jedenfalls auch vor dem Rat geleistet werden, siehe dazu weiter unten in diesem Kapitel.
1132 Laut freundlicher Auskunft von Hubert Emmerig (Institut für Numismatik und Geldgeschichte,
Universität Wien), ist die Bezeichnung grasser/grosser phennig für das beginnende 15. Jh. reichlich ungewöhn-
lich. Am ehesten könnten Groschen gemeint sein, eine gewisse Unsicherheit in der Auflösung besteht trotzdem.
1133 Koehne, Hansgrafenamt 49.
1134 Vgl. dazu beispielsweise die Ordnung König Ladislaus’ vom 15. Mai 1453, Rechte und Freiheiten
2, ed. Tomaschek Nr. CL. Auch eine undatierte Ordnung für den Hansgrafen enthält – neben anderen auffal-
lenden Ähnlichkeiten – diese Bestimmung, siehe EB fol. 145r–v; Opll, Eisenbuch 13.
1135 Siehe Nr. 10.
1136 Luschin von Ebengreuth, Münzwesen 831. Wahrscheinlich endete mit dem Eid Peter Rauschers
im Jahre 1460 die Eidesleistung vor dem Rat. Auffallend ist, dass Rauscher zwar schon 1455 als Hansgraf nach-
weisbar ist (vgl. Perger, Ratsbürger 87), aber erst fünf Jahre später den Eid in Gegenwart des Rates leistete.
Auf dieses verzögerte Nachkommen seiner Verpflichtung nimmt auch die Anmerkung im HWOB Bezug, wo
dezidiert festgehalten wird, dass Peter Rauscher erst am 11. Dezember 1460 geschworen hat, vgl. Nr. 10 Anm. a.
1137 Vgl. dazu auch Koehne, Hansgrafenamt 66f.; Luschin von Ebengreuth, Münzwesen 831f.; Per-
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen