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170 IV. Inhaltliche Aspekte
weisbar, die die Stadtviertel nach Brandherden kontrollierten und auch – geht man nach
ihrem im HWOB überlieferten Eid – sonstige Streitigkeiten und Unruhen der Obrigkeit
melden sollten1217.
Diese Vorstädte spielen auch in der neuen Stadtvierteleinteilung eine Rolle, die von
Bürgermeister und Rat der Stadt am 13. Mai 1444 erlassen worden ist1218. Die an den
vier Haupttoren orientierte Gliederung der Stadt in Viertel geht wohl auf das frühe 13.
Jahrhundert zurück, kann jedoch erstmals für das Jahr 1323 mit Sicherheit nachgewiesen
werden1219. Diese Stadtviertel waren vor allem als Sprengel für das militärische Aufgebot
der Bürger bedeutend1220, aber auch für die Auswahl der Genannten1221 und für die Ein-
hebung von Steuern. Auf die Ausdehnung der Stadt jenseits der Ringmauer reagierte man
mit der Ordnung von 1444, durch welche die Kompetenzbereiche der einzelnen Viertel
auf die Vorstädte erweitert wurden1222. Interessanterweise wird neben Kärntner-, Wid-
mer- und Schottenviertel nicht das Stubenviertel, sondern das Gebiet um das Werdertor
als viertes genannt. Wahrscheinlich kann dies damit begründet werden, dass die Vorstadt
Scheffstraße, die vor dem Stubenviertel lag, ein landesfürstliches Eigengut war und somit
nicht zur Verteidigung der Stadt herangezogen werden konnte1223.
Dass die Wachtdienste um und nach 1500 immer mehr in die Hand von fix bediens-
teten Arbeitskräften gelegt wurden, wurde bereits behandelt1224. In diesem Zusammen-
hang ist auch die um 1531 erlassene Ordnung der Wächter zu sehen, die für jedes der vier
Stadtviertel vier Wachtkräfte vorsieht1225. Für das Stubenviertel bzw. die Wacht am Stu-
bentor wird das System am genauesten erklärt: Von den vier Wächtern müssen jeweils zwei
gleichzeitig ihren Dienst verrichten. Die Wacht beginnt mit dem abendlichen Läuten der
Bierglocke, mit dem auch die Stadttore zugesperrt werden, und dauert für zwei Wächter
zunächst bis Mitternacht. Anschließend daran übernehmen die zwei anderen den Dienst
bis zum morgendlichen Aufsperren der Tore und werden dann wieder von den ersten bei-
den Wächtern, die vor Mitternacht tätig gewesen sind, bis zwölf Uhr mittags abgelöst.
Nach Mittag kommt es zur erneuten Ablöse durch diejenigen Männer, die nach Mitter-
nacht bis zum Aufsperren der Tore gewacht haben. Somit ergeben sich als Ablösezeiten das
Bier
glockenläuten, Mitternacht, das Aufsperren der Stadttore und Mittag (Art. 1–3)1226. In
den anderen Stadtvierteln soll die Wache auf dieselbe Weise ablaufen (Art. 4–6).
Abschließend sei noch das sehr ausführliche Banntaiding für die Bewohner des Unte-
ren Werds erwähnt, in dem vor allem das Zusammenleben der Menschen in Hinblick auf
1217 Siehe Nr. 280; Brunner, Finanzen 228; Czeike, Feuerlöschwesen 60f.; Pils, Rand 118; Fischer,
Anfänge 357.
1218 Siehe Nr. 233.
1219 Opll, Grenzen 91–93; Perger, Straßen 136; Enderlin, Sicherheit 237.
1220 Siehe dazu die Aufgebotsordnung von 1405 oben S. 31 Anm. 144. Hier werden sieben Versamm-
lungsorte für die Bürger genannt, zu den vier ursprünglichen Vierteln (Stuben-, Kärntner-, Widmer- und
Schottenviertel) kommen noch Aufgebote beim Werder-, beim Rotenturm- und beim Salzturmtor dazu; siehe
dazu auch Opll, Grenzen 97.
1221 Siehe Weinzettl, Genanntenliste 4–9; die Namen der Genannten sind nach Stadtvierteln und den
dazugehörigen Vorstädten untergliedert.
1222 Müller, Räumliche Entwickelung 154, 162; Opll, Grenzen 98; Perger, Straßen 137.
1223 Opll, Grenzen 98 Anm. 41.
1224 Siehe oben S. 121, und die Ausführungen weiter oben in diesem Kapitel zu den Feuerrufern, die
ebenso in diese Periode der Professionalisierung der Sicherheitskräfte in Wien fallen.
1225 Siehe Nr. 279, und vgl. allgemein dazu Veltzé, Stadtguardia 1 533; ders., Stadtguardia 2 9; Opll,
Zeitverständnis 39; Pils, Rand 117; Fischer, Anfänge 361.
1226 Siehe für eine genaue Beschreibung der Ablösezeiten auch Pils, Rand 117 Anm. 29.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen