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Antinomie. 41
endlich der Widerspruch, in den der Intellekt beim Zu-Ende-Denken gewisser
Probleme, die er weder positiv noch negativ ganz befriedigend erledigen kann,
gelängt, bis er kritisch die wahre Natur dieser Probleme (des Unbedingten,.
Unendlichen, s. d.) erkennt und dann aus den Widersprüchen herauskommt
durch Beseitigung falscher Fragestellungen oder durch Besinnung auf die
Voraussetzungen und Bedingtheit des Erkennens.
Über den Ausdruck „A." vgl. GOCLEN (Lex. philos. S. 110),
(Lex. philos. Sp. 128: „et theologi occupati sunt in et
turae diluendis"), BONNET U. a.
Der Begriff der A. findet sich schon bei ZENON von (s. Bewegung),.
PLATON, ARISTOTELES, den Skeptikern (vgl. Isosthenie), LOCKE, COLLIER,
Aber erst KANT begründet eine eigene Theorie der Antinomien,
eine „transzendentale Antinomien sind „Widersprüche, in die-
sich die Vernunft bei ihrem Streben, das Unbedingte zu denken, mit Not-
wendigkeit verwickelt, Widersprüche der Vernunft mit sich selbst". Sie ent-
stehen dadurch, daß die Vernunft in ihren „Ideen" (s. d.) die absolute Totalität
der Erscheinungen fordert, nach dem „Wenn das Bedingte
ist, so ist auch die ganze Summe der Bedingungen, mithin das
Unbedingte gegeben." In diese A. gerät die Vernunft „von selbst und zwar
unvermeidlich", sie beruhen auf einer „natürlichen Täuschung", weil die Ver-
nunft, die auf das positiv und abgeschlossen Unendliche, Unbedingte, Absolute
abzielt, die Idee der absoluten Totalität, welche nur für das Reich des „Ding
an sich" gelten kann, auf die Erscheinungen desselben anwendet, für die
nur einen immer weiter gehenden Regreß des Denkens ohne letzten Abschluß
geben kann. Berechtigt ist eben nur die Forderung, nirgends in der Reihe des-
empirisch Gegebenen und Denkbaren eine absolute Grenze, bei der man stehen
bleibt, anzunehmen, d. h. die Idee des Unendlichen (s. d.) hat nur
tive" (s. d.) Bedeutung. Kurz, KANT löst die A. durch seinen kritischen
Idealismus auf, welcher Ding an sich und Erscheinung unterscheidet,
durch den Hinweis darauf, daß uns die Dinge nur im Zusammenhange und
Fortgange denkend verarbeiteter Erfahrungen gegeben sind, nicht aber als ab-
solute, nach unten oder oben abgeschlossene, endliche oder unendliche Ganz-
heit. Vier A. gibt es nach KANT, zwei „mathematische" und zwei „dyna-
mische" A.; und von beiden hat die den „dialektischen
(s. aufzuklären. Jede A. besteht aus einer „Thesis" (Behauptung) und
„Antithesis" (Gegenbehauptung). Thes. „Die hat einen Anfang
in der Zeit, und ist dem Raum nach auch in Grenzen eingeschlossen." —
Antithes. „Die hat keinen Anfang und keine Grenzen im sondern
ist sowohl in Ansehung der Zeit als des Raumes unendlich." 2. A.: Thes,
„Eine jede zusammengesetzte Substanz in der besteht einfachen
und es existiert überall nichts, als das Einfache, oder das, was
diesem zusammengesetzt ist." — Antithes. „Kein zusammengesetztes Ding in
der besteht aus einfachen Teilen, und es existiert überall nichts
faches in derselben." — Hier sind überall Thesis und Antithesis gleich
Die Gegenstände der Erfahrung sind als solche nur in der Erfahrung,
an sich gegeben; die existiert nicht unabhängig vom Fort- oder
gang denkender Erfahrung, also weder als an sich unendliches noch als an
sich endliches Ganzes. Ebenso ist die Menge der Teile in einer Erscheinung
weder endlich noch unendlich, weil „Erscheinung nichts an sich selbst
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften