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Begeisterung Begriff.
Begeisterung s. Enthusiasmus.
Begierde s. Begehren.
Begreifen (comprehendere) heißt, etwas geistig durchdringen, es
Wesen nach erfassen, den Grund, Zusammenhang, Zweck von Dingen einsehen,
das Warum oder Wozu von Handlungen kennen. Begriffen ist etwas, wenn
es in einen inneren (logisch-kausalen) Zusammenhang mit anderem gebracht,
wenn es der Gesetzlichkeit der Vernunft unterworfen ist. Vgl. CICERO, Aca-
I, 41; II, 47, 145 (über die Stoische „Katalepsis"); RIEHL, D. philos.
Kritizismus, 1879, II 2, 237; WUNDT, System d. Philos. I8, 1907 (Voraus-
setzung der Erkenntnis ist die „Begreiflichkeit der Erfahrung");
Verstehen und Begreifen, Vierteljahrsschrift f. wiss. Philos., 27. Bd., 1903;
VAIHINGER, D. Philos. des Als ob, 1911 (B. gibt es nur als Um-
setzung der in Kategorien", nicht als die
selbst ist „nicht begreiflich, nur wißbar", S. 309 ff.). Vgl. DUBS, Das
Wesen des Begriffs u. des Begreifens, 1911. — Kataleptisch, Verstehen,
Verstand.
Begriff (Xoyog, conceptus, notio, idea) ist von der ihn vertreten-
den, repräsentativen sowie von der Gesamtvorstellung (s. d.),
durch deren Analyse er entsteht, zu unterscheiden. Er ist die gedankliche,
einheitliche Zusammenfassung (Synthese) einer Reihe in bestimmten Be-
ziehungen zueinander stehender Merkmale eines Gegenstandes oder einer Klasse
von Gegenständen und enthält das für diese Gegenstände Charakteristische,
Typische, das ihr „Wesen" Konstituierende, und zwar um so präziser und
vollkommener, je wissenschaftlicher, exakter, methodischer der Begriff ist.
Exakte Begriffe gehen aus den gewöhnlichen Erfahrungsbegriffen durch metho-
dische Verarbeitung des Gegebenen hervor. Alle eigentlichen Begriffe sind
Produkte aktiver, apperzeptiver (s. d.) Geistestätigkeit (s. Abstraktion), nicht
passiv entstehende Sinnesprodukte. Der Inhalt des Begriffes, das, was seinen
Gehalt bildet (der „objektive" B.). läßt sich nur in einer Reihe von Urteilen
(s. d.) denken, deren Elemente die Begriffe bilden, welche insofern potentielle
Urteile, Urteilsmögüchkeiten und Formeln für solche sind; sie entstehen teils
im und mit teils geradezu als Niederschläge von Urteilen, und
liegen zugleich weiteren Urteilen („Begriffsurteilen") zugrunde. Begriffe sind
logisch Ideale, die im methodischen Fortgange des Erkennens immer mehr,
aber nie völlig erreicht werden (s. Wesen), außer wo es sich um rein formale
Begriffe handelt. Zugleich sind sie Forderungen, Postulate nach einem be-
stimmten Inbegriff zusammengehöriger Urteile, in jeder Begriff
lebendig, verwirklicht wird. Den „Inhalt" (s. d.) des Begriffes bildet der be-
stimmte Relationszusammenhang von Merkmalen, deren Einheit er ist; seinen
„Umfang" (s. d.) die Gegenstände, auf die er sich erstreckt. Den Inhalt von
Begriffen bilden teils empirische Merkmale (Erfahrungsbegriffe), teils Be-
ziehungen (Relationsbegriffe), teils bloße Gesetzlichkeiten, Postulate, Synthesen,
Ideale des theoretischen oder praktischen Bewußtseins; so hat also jeder echte
Begriff, wenn er auch nicht immer aus der Erfahrung abstrahiert ist, sein
„Fundament" in etwas Vorbegrifflichem, das z. T. auch eine anschauliche Er-
lebnisseite hat, von der aber der ideelle Gehalt, der objektive Inhalt des Be-
griffes, das in ihm allgemeingültig Gedachte, kurz die rein logische Seite
des B., wohl zu unterscheiden ist. Die Begriffe sind nicht selbst die Dinge,
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften