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Böse — Brahma.
Vollkommenheit des Ganzen und wird von Gott nicht geschaffen, aber zuge-
lassen (Theodizee II; s. Übel).
Als ein im göttlichen Urgrund selbst enthaltenes, negativ-treibendes, zum
Werden anreizendes (vgl. GOETHE, „Faust") Prinzip, als „Zornfeuer" in Gott,
als „Gegenwurf" des Guten betrachtet das B. J. BÖHME (Aurora. 1612). Ähn-
lich lehren später F. BAADER, SCHELLING, VOLKELT (Ästhetik des
1906).
Aus einer freien Entscheidung des Menschen leitet das B. (vgl. schon
ORIGENES, AUGUSTINUS) KANT ab, nämlich aus einer „transzendentalen Hand-
lung" durch welche der Mensch in den Stand der Sünde tritt und mit einem
„radikalen Bösen" in sich auf die kommt. Der Mensch ist böse heißt,
„er ist sich des moralischen Gesetzes bewußt und hat doch die (gelegenheit-
liche) Abweichung von demselben in seine Maxime aufgenommen". Er ist
dadurch böse, daß er die „sittliche Ordnung der Triebfedern" umkehrt und
„die Triebfedern Selbstliebe und ihrer Neigungen zur Bedingung der Be-
folgung des moralischen Gesetzes macht, da das letztere vielmehr als die
oberste Bedingung der Befriedigung der ersteren in die allgemeine Maxime
der Willkür als alleinige Triebfeder aufgenommen werden sollte". Im Menschen
liegt ein Hang zu dieser seiner Maximen, ein „natürlicher Hang
zum Bösen". Dieses Böse „ist radikal, weil es den Grund aller Maximen
verdirbt". Nur durch sittliche Wiedergeburt ist dieses Böse auszurotten, näm-
lich durch eine Entschließung, das Sittengesetz wieder zuhöchst zu stellen;
nur so kann er zum Guten beständig fortschreiten (Die Religion innerhalb der
Grenzen der bloßen Vernunft, 1793; S. 28 ff.). Aus einer vor-
zeitlichen Tat, einem „Abfall" von Gott, erklärt das B. SCHELLING (WW. I 7,
403; Über d. Wesen d. Freiheit, 1809).
NIETZSCHE leitet den Begriff des „Bösen" aus dem „Ressentiment" der
Schwachen gegen die „Herren", die Starken, Mächtigen, Harten da. In der
„Sklavenmoral" liegt der Herd für die Entstehung des Gegensatzes
„Ins Böse wird die Macht und Gefährlichkeit hinein empfunden, eine gewisse
Furchtbarkeit, Feinheit und Stärke." Gegenüber der von ihm als schwächlich,
entartend empfundenen altruistischen „Herdenmoral" betont NIETZSCHE oft den
Wert des „Bösen" im Sinne des Harten, Starken, Rücksichtslosen (Jenseits
Gut und Böse; s. Gut). Vgl. HERBART, Gespräche über das Böse, 1818;
BLASCHE, Das B. im Einklang mit der 1827; H. RITTER, Über
das B., W. ANGER, Die Stellung des B. in der Schleier-
machers, 1909; DÜHRING, Gesamtkursus der Philos., f.; E. FUCHS, Gut
und 1906; LIPPS, Ethische Grundfragen, 1899, S. 53 ff.; PAULSEN, Einleit.
in d. Philos.2, 1893, S. 435; WUNDT, Ethik3, 1903; A. ARNDT, Über das Böse,
1904; M. L. STERN, Ethik, 1912. — Vgl. Gut, Übel, Sittlichkeit, Pessimismus,
Optimismus.
Brahma (das) ist nach den Lehren der indischen das
das göttliche, wahre Wesen der Dinge, das ewige, unwandelbare,
Sein, das göttliche Selbst in da alle Dinge an sich wesensgleich
und im Grunde eines sind Brahma „tat asi", das bist
du). Während nach den älteren Veden die aus dem B. hervorgeht, ist
sie nach der nichtig, Illusion („Schleier der Maja"). Vgl.
DEÜSSEN, Sechzig Upanishads des Veda2, 1905; Das System des
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften