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Charakter.
Daß der Charakter eines sein Schicksal bestimmt, lehrt schon
HERAKLIT Im ethischen Sinne erörtern den Ch.
schon PLATON und ARISTOTELES (vgl. PERKMANN, Der Begriff d. Charakters
Platon und Aristoteles, S. 16 ff.). Als konstanten Willen bestimmt den Ch.
SENECA atque Epist. 29, 4). In neuerer Zeit
erklärt GOETHE den Ch. dahin, „daß der Mensch demjenigen eine stete Folge
gibt, dessen er sich fähig fühlt" (Sprüche in Prosa, 587). Nach KANT (s. unten)
einen Charakter haben, ,,diejenige Eigenschaft des Willens, nach welcher
das Subjekt sich selbst an bestimmte praktische Prinzipien bindet, die es sich
durch seine eigene Vernunft unabänderlich vorgeschrieben hat". Der Ch.
„einen inneren und ist über allen Preis erhaben" § 87).
Nach HERBART ist der Ch. das, was der Mensch eigentlich will (Allgem. Päda-
gogik, S. 299). Nach TH. ZIEGLER ist er die „Summe der Willensdispositionen"
(Das 1893, S. 297 ff.). Ähnlich JODL, JERUSALEM U. a. Nach COHEN
ist der Ch. nicht gegeben, sondern eine Aufgabe des sittlichen Selbstbewußt-
seins (Ethik, 1904, S. 597); so auch NATORP, U. a. Nach WUNDT ist
der Ch. „ein aus der vorangegangenen geistigen Kausalität resultierender Total-
der selbst wieder an jeder neuen Wirkung sich Ursache beteiligt".
Der Kern des Ch. ist ererbt, ist etwas Ursprüngliches (Grdz. phys. Psychol.,
1903, III5, 637 ff.).
Vom „empirischen" unterscheidet KANT den Charakter.
Eine jede Ursache muß einen „Charakter" haben, d. h. „ein Gesetz Kausa-
lität, ohne welches sie gar nicht Ursache sein würde". „Und da würden wir
an einem Subjekte der Sinnenwelt erstlich einen empirischen
haben, wodurch seine Handlungen, als Erscheinungen, durch und durch mit
anderen Erscheinungen nach beständigen Naturgesetzen im Zusammenhange
ständen und von ihnen, als ihren Bedingungen abgeleitet werden könnten . . .
Zweitens würde man ihm noch einen Charakter einräumen
müssen, dadurch es zwar die Ursache jener Handlungen als Erscheinungen ist;
der aber selbst unter keinen Bedingungen der Sinnlichkeit steht selbst
nicht Erscheinung ist" (Krit. rein. Vern., S. 433 ff.). Der „intelligible" Ch.
kommt dem „Noumenon" (s. d.), der „reinen Vernunft" zu und ist frei, während
die Handlungen des Subjekts als Erscheinung notwendig, determiniert sind
(s. Willensfreiheit). SCHOPENHAUER, nach welchem der individuelle Charakter
angeboren und absolut unveränderlich ist (Über die Freiheit des Willens III,
Neue Paralipomena, § 220), lehrt, daß der intelligible Charakter jedes Menschen
als ein „außerzeitlicher, daher unteilbarer und unveränderlicher Willensakt" zu
betrachten sei, dessen Erscheinung der empirische Charakter ist als Wille
I. Bd., §55; vgl. Willensfreiheit). Nach WINDELBAND sind
und Charakter nur zwei, Betrachtungsweisen des Willens
(Über Willensfreiheit, 1904, S. 200 f.). Vgl. BAHNSEN, Beiträge zur Charaktero-
logie, 1867; J. BAUMANN, Über Willens- und Charakterbildung, 1897;
E. ADICKES, Ch. und Weltanschauung, 1907; S. SMILES, Der Charakter,
G. Charakter und Charaktererziehung, 1912; RIBOT,
Revue philos.. Bd. 1892; Die Persönlichkeit, 1894; RIBERY, Essai de Classi-
fication natur. des PAULHAN, Les 1894,
S. 8 MALAPERT, Les du PRAT, Le car. empirique
et la personne, 1906; du 1912; ELSENHANS,
F. W. Schule A. ADLER, Über
i s r , 8
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften