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126 Denken.
Als die Vorstellungen verknüpfende Tätigkeit be-
stimmt das D. LOCKE (Essay hum. understand. II, K. 9, § 1). Nach HUME
ist es ein Vergleichen, ein Feststeilen von im weiteren Sinne ist
zugleich Vorstellen III, sct. Relation). Eine Art Rechnen,
ein Addieren und Substrahieren ist das D. nach HOBBES (Leviathan 1, 5),
ferner nach LEIBNIZ, CONDILLAC (La langue des calculs, 1798), der es aus der
Empfindung ableitet (s. BARDILI, J. WAGNER, M. MÜLLER
u. a. (vgL Logik).
Als Vergleichen, Unterscheiden oder Beziehen bestimmen das D. HELM-
HOLTZ, ULRICI (s. SPENCER („establishment of
d. Psychol., 1882, § 378, 174), HÖFFDING (Psychol.2, 1901,
S. 236) u. a. KREIBIG erklärt das D. so: „Denken ist jene psychische Aktivität,
welche die Bewußtseinsinhalte erneuert, trennt, verbindet, in Urteile und Schlüsse
faßt, und zwar nach Gesetzen, die ihre Begründung teils in den Beschaffen-
heiten der von dieser Aktivität ergriffenen Gegenstände, teils in der psychischen
Organisation des Subjekts finden" (Die intellektuellen Funktionen, 1909, S. 3 ff.);
das D. ist eine (D. Aufmerksamkeit, 1897, S. 3).
Als aktive, vereinheitlichende, synthetische, im Urteil (s. d.) zum Ausdruck
kommende Tätigkeit bestimmt das D. KANT. Das D. entspringt der „Spon-
taneität" (s. d.) Verstandes (s. d.), es ist aktive „Funktion" desselben.
Aher Gedanken ohne anschaulichen Inhalt sind leer, so wie Anschauungen
ohne Begriffe blind sind. Der Verstand selbst vermag nichts anzuschauen,
die Sinne vermögen nichts zu denken; nur aus ihrer Vereinigung kann Er-
kenntnis (s. d.) entspringen. Das Denken hat seine Gültigkeit nur für mög-
liche Erfahrungsobjekte, nicht für das (unerkennbare) „Ding an sich"; wir
können manches denken, ohne damit eine Erkenntnis zu haben, die eben auf eine
Anschauung (s. d.) beziehbar sein muß. Denken heißt aber, „Vorstellungen in
einem Bewußtsein vereinigen" (Prolegomena, § 22). Diese Vereinigung ist
Urteil und so ist „Denken so viel als Urteilen oder Vorstellungen auf Urteile
überhaupt beziehen" (ibid.). Denken ist „Erkenntnis durch Begriffe", und
Begriffe d.) beziehen sich als Prädikate möglicher Urteile auf einen Gegen-
stand. So ist denn D. „die Handlung, gegebene Anschauungen auf einen
Gegenstand zu beziehen" (Krit. d. rein. Vern., S. 89 ff., 229). Zu unterscheiden
ist zwischen „empirischem" und „reinem" Denken; durch letzteres werden
Gegenstände „völlig a priori" erkannt, unabhängig von aller Erfahrung
stimmt, durch „Handlungen des reinen Denkens", welche die Vorstellungen
durch die „Kategorien" (s. d.) zur objektiven Einheit (s. d.) verknüpfen.
Über KANT hinausgehend, will HEGEL aus dem „reinen Denken" auch den
Erfahrungsgehalt ableiten. Das D. ist hier etwas Überindividuelles, Objektives,
den Dingen Innewohnendes, in ihnen selbst sich sich selbst
des, eine objektive, im Bewußtsein nur reflektierte Denkbewegung (s.
Das D. ist das „tätige Allgemeine"; das reine D. hat sich selbst zum Inhalt
(Enzyklop. § 20 ff., Logik III). Das (im Willen sich durchsetzende) Denken
ist die Aufhebung der Besonderheit und das Erheben derselben ins Allgemeine
(Grundlin. der Philos. des Rechts, § 21). Der Wille ist eine besondere
des Denkens, „das Denken als sich übersetzend ins Dasein, als Trieb, sich Da-
sein zu geben". Ohne Willen kein Denken, denn indem wir denken, sind
wir tätig (1. c. Zusatz zu § 4; Ausgabe von G. LASSON, 1911, S. 268 f.). Denken
und (s. d.) sind identisch. Die „Idee" (s. d.) ist das Denken, als „die sich.
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften