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Sollen.
I. Bd., § 19). Gegen den S. wendet sich A. WEISHAUPT (Über
u. 1788, S. 96 ff.), JERUSALEM (S. oben), V. KRAFT (Weltbegriff
u. Erkenntnisbegriff, 1912), nach welchem aller erkenntnistheoretische
mus auf den S. hinausläuft, FRISCHEISEN-KÖHLER (Wissenschaft u. Wirklich-
keit, 1912) u. a. — Vgl. FICHTE, Die Bestimmung des Menschen, 1800; ZIEHEN,
Erkenntnislehre2, 1907, S. 39; PETZOLDT, Vierteljahrsschr.
wissensch. Philos., 25. Bd.; SCHUPPE, Der Solipsismus, 1898. — Vgl.
Realität, Objekt, Subjekt, Immanenz, Transzendenz, Ich.
Sollen ist die Forderung eines (fremden oder eigenen, personalen
idealen) Willens, die als spezifische, ursprüngliche Art der Notwendigkeit
Bindung ins Bewußtsein tritt. Das „Sollen" ist ein Willensdiktat, eine
es wendet sich von einem übergeordneten an einen untergeordneten Willen,
die Nötigung empfindet, das Geforderte sich zum Ziel zu setzen und zu ver-
wirklichen — wenigstens, wo es sich um ein anerkanntes Sollen handelt.
„du sollst" ist imperativisch, das „du solltest" anratender Art, das „so
es sein" Ausdruck eines Wunsches oder einer Erwartung. Das
bedingte Sollen ist auf bestimmte Mittel zu bestimmten empirischen Zwecken
bezogen, das kategorische, absolute Sollen auf die Erfüllung oberster,
Zwecke, welche unmittelbare Werte bedeuten. So ist das sittliche Sollen ein
Ausfluß des Sittlichkeitswillens, dessen Ziel unbedingt, ohne Rücksicht
untergeordnete Momente, zu verfolgen ist (vgl. Sittlichkeit). So gilt auch
logische Sollen unbedingt, als Diktat des theoretischen Vernunftwillens,
Wahrheitswillens (vgl. Denkgesetze). Bei allem Sollen handelt es sich um eine
Norm (s. um die feste Regelung, Ordnung eines Verhaltens
Wesen. Das Seinsollende wird im einzelnen aus der Vergleichung
Gegebenheiten, kausaler Zusammenhänge mit den besonderen
(technischer, pädagogischer u. a. Art, mit dem Rechts-, Staats-,
usw.) gefunden; es muß gesucht werden, was sich als Mittel zur
des Seinsollenden, des bedingt oder unbedingt Geforderten eignet. Mit
Seinsollenden haben es die praktischen und angewandten Wissenschaften (s.
zu tun, welche die Kausalforschung in den Dienst von Willenszielen,
und Idealen stellen. Das Band zwischen Sein und Sollen stellt der Wille
der die Verwirklichung eines Idealen fordert und dieses in das gesollte Sein
umsetzt. Aber das (objektive, absolute) Sollen gilt auch, wenn das
nie realisiert wurde oder wird, es ist unabhängig von aller Subjektivität
Willkür, durch einen objektiven Willen gesetzt (vgl. Norm).
Daß das S. eine spezifische Notwendigkeit ausdrückt, betont KANT,
das bedingte und unbedingte Sollen unterscheidet (Über die Deutlichkeit
Grunds., § 2). Das S. drückt „eine mögliche Handlung aus, davon der
nichts anderes als ein bloßer Begriff ist". Das „kategorische" S. (s.
stellt einen „synthetischen Satz a priori" dar, indem zu meinem sinnlich
vierten Willen noch die Idee desselben, aber zur gehörenden
„reinen Willens" hinzukommt, welcher „die oberste Bedingung des ersteren
nach der Vernunft enthält". So ist das „moralische Sollen" ein „eigenes
wendiges Wollen als Gliedes einer intelligiblen und wird nur sofern von
ihm als Sollen gedacht, als er sich zugleich wie ein Glied der Sinnenwelt
trachtet" zur Metaphys. der Sitten, Univ.-BibL, S. 94 ff.; Krit. d. rein.
Vern., S. 438 ff.). — Die Ursprünglichkeit (LOTZE), Unableitbarkeit des
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book Handwörterbuch der Philosophie"
Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften