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628 Soziologie.
lichkeit und harmonischer Geistigkeit (vgl. Recht, Geschichte, Kultur,
Aktivismus) Raum gewährt.
Ansätze zu einer S. finden sich schon im Altertum (s. Staat). So be-
trachtet ARISTOTELES den Menschen als ein soziales Wesen von Natur aus
(cpvoet I 2, 1253 a 1) und den Staat als ein Natur-
produkt, das seiner Idee nach dem Einzelnen vorangeht. lehren die
nach welchen der Mensch zur Gemeinschaft bestimmt ist (Diogen.
Laert. VII, 131; vgl. CICERO, De republ. I, 1, 25; SENECA, De ira II, 3).
Hingegen beruht nach einigen Sophisten der Staat nur auf „Satzung"
und nach den Epikureern beruht er auf einem Vertrag zum Schutze
gegen Feindseligkeiten (Diog. L. X, 150 ff.; LUCREZ, De rer. natur. V, 922 ff.).
Dieser Gegensatz der Anschauungen wiederholt sich bis ins 18. Jahrhundert
hinein (s. Rechtsphilosophie: HOBBES, SPINOZA, ROUSSEAU, KANT, H. GRO-
HUME U. a.). Außer bei Philosophen überhaupt finden sich soziologische
Ideen bei den Rechts- und Staatsphilosophen, bei Nationalökonomen (A. SMITH
u. a.) und Historikern (vgl. Geschichtsphilosophie). Vgl. VORLÄNDER, Kant
u. Marx, 1911; HEGEL, Rechtsphilos., hrsg. von G. Lasson, 1911; HERBART,
Lehrb. zur Einleit.5, 1883, § 164; NAHLOWSKY, d. Lehre von der Gesell-
schaft und dem Staate, 1865 (psychologisch); MAYER-MOREAU, Hegels Sozial-
philos., 1910; L. v. STEIN, Der Begriff der 1855; System der
Wissenschaften II, 1856; GRÜNFELD, L. V. Stein die
lehre, 1910; R. v. MOHL, Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften
1855 f., I, 101 ff. („allgemeine Gesellschaftslehre"); J. ST. MILL, System der
Logik II, 1877 („Ethnologie").
Der eigentliche Begründer der systematischen S. ist A. COMTE, nach
welchem die S. (oder „physique sociale") die Hierarchie der Wissenschaften
abschließt. Sie zerfällt in soziale Statik und Dynamik, je nachdem sie die
Ordnung, die Wechselbeziehungen des Sozialen oder die Entwicklung desselben
untersucht. Die S. fußt unmittelbar auf der Biologie (nebst Psychologie).
Die Gesellschaft ist ein Gesamtorganismus („organisme Cours de
philos. posit. IV, 210 ff.; vgl. Geschichtsphilosophie). Weiter ausgebildet hat
die S. H. SPENCER, auf biologisch-ethnologischer Grundlage. Auch er ist
„Organisist", Vertreter der organischen Auffassung (Analogien zwischen Ge-
sellschaft oder Staat und Organismus schon bei Platon, Aristoteles, Cicero,
Stoiker, Plutarch, N. Cusanus, Bacon, Hobbes, Romagnosi, Chr. Krause,
Ahrens, Bluntschli, de Bonald, Oeuvres choisies, 1859, von
dem Comte beeinflußt ist). Die Gesellschaft ist ein „Überorganisches", hat
Ähnlichkeiten mit einem biologischen Organismus, aber kein Sensorium, kein
Selbstbewußtsein, wohl aber Wachstum, Arbeitsteilung, Differenzierung, Organe
und Gewebe (The Study of S., 1873; deutsch 1875, 1896; Principles of S.,
1885 ff.; Social 1850; 2. ed. 1892; Descriptive S.; The Man versus the
1884: Individualismus). Die Gesellschaften gehen vom militärischen
zum industriellen Typus über. Ein realer Organismus, * dessen die In-
dividuen sind, ist die Gesellschaft nach P. LILIENFELD (Gedanken über die
Sozialwissensch. der 1873 ff.). Als einen psychischen Organismus
faßt die Gesellschaft A. auf, der auf dieselbe die Deszendenztheorie
anwendet. Die Gesellschaft ist ein seelischer Zusammenhang von Individuen
mit geistigen und materiellen Gütern (Bau und Leben des sozialen
1896; Abriß der S., 1906). „Organisisten" auf biologisch-psychologischer Basis
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften