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638 Spiritualität — Spontaneität.
unwillkürlich sich einstellende) Wahrnehmungsinhalte das bilden, was als
(s. d.) bezeichnet wird. Der S. ist eine Form des ontologischen Monismus (s.
tritt aber auch als eine Art des psychologischen (anthropologischen) Dualismus
(s. d.) auf, wenn er nämlich den Körpermonaden eine besondere, den Leib be-
herrschende Seelenmonade gegenüberstellt (s. Seele). Von diesem substantia-
listischen unterscheidet sich der aktualistische S., nach welchem das „An sich"
oder „Für sich" der Dinge in einem psychischen Geschehen besteht (s. Pan-
psychismus). Dieser gemäßigte S., der die empirisch-objektive Realität (s. d.)
der Körper anerkennt, tritt jetzt auch als spiritualistisch gefärbte
theorie (s. d.) auf, nach welcher eben das Wirkliche, das an oder für sich
psychisch ist, für andere oder für die Erkenntnis der äußeren sich
als physisch darstellt (s. Objekt, Körper, Erscheinung).
Den S. vertreten in verschiedener Weise PLOTIN, BROOKE,
MALEBRANCHE, LEIBNIZ (S. Monaden), BERKELEY s. Körper,
Materie), LOTZE, J. H. ULRICI, CARRIERE, J. BERGMANN, L. BUSSE,
F. ERHARDT, BECHER, WYNEKEN, PERTY, LADD, J. WARD, FERRIER,
SER, ROYCE, MAINE DE V. COUSIN, PAUL JANET,
VACHEROT (Le nouveau spiritualisme, 1884), RAVAISSON, LACHELIER, RENOU-
VIER, BOIRAC, BOSTRÖM U. a., ferner im weiteren Sinn FICHTE,
HEGEL, SCHOPENHAUER, FECHNER, LIPPS, MÜNSTERBERG, EUCKEN (S. Geist),
E. v. HARTMANN, WUNDT, HEYMANS, AMBROSI, STRONG, MÖBIUS, PAULSEN,
B. WILLE, G. LANDAUER, J. SCHULTZ, FOUILLEE, BOUTROUX, BERGSON (S.
Geist, Leben), JOEL, F. J. SCHMIDT U. a. Vgl. DUMESNIL, Le spirit., 1905.
Vgl. Voluntarismus, Wille, Seele, Animismus, Introjektion.
Spiritualität: Geistigkeit, Unkörperlichkeit (vgl. Seele). — Spiri-
tuell: geistig, geistreich.
Spiritus (spiritus): Hauch, Lebenshauch, Geist (s. d.). Nach
älteren Philosophen gibt es neben der immateriellen Seele noch einen
d. h. eine feinste, das Leben und Empfinden regulierende Substanz (CAMPA-
NELLA, VAN HELMONT, GASSENDI U. a.). — Spiritus animalis s.
geist. — Spiritus rector: herrschender Geist, eine von Alchimisten an-
genomme Naturkraft.
Spontan (spontaneus): von selbst (z. B. spontane Bewegungen), aus
eigenem Antriebe. Eine „spontane Aktivität", die sich in psychischen und
motorischen Vorgängen entladet, besteht nach A. U. a. Vgl.
motorisch.
Spontaneität Selbsttätigkeit, Selbstbestimmbarkeit, Fähig-
keit, sich von sich aus, aus eigenem Antriebe aktiv zu betätigen (vgl. CHR.
WOLFF, Psychol. empir., § 933).
Nach KANT ist S. „das Vermögen, Vorstellungen selbst hervorzubringen"
(Krit. d. rein. Vern., S. 76) und diese S. ist die Quelle der Begriffe (s.
Alle Synthese (s. d.) ist ein Werk der „Spontaneität des Verstandes", der nach
selbsteigener Gesetzlichkeit sich betätigenden Einheitsfunktion, welche die
apriorische Urbedingung der Erfahrung und Erkenntnis ist (s.
Kategorien, Verstand). KANT stellt die S. des Verstandes der
(s. d.) der Sinnlichkeit schroff entgegen; vgl. REINHOLD, Versuch einer neuen
Theorie, 1789; FRIES, Neue Kritik 79, 1828—31; FICHTE, WW. I 1,
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften