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Sprache.
DE BONALD, 2. die S. ist durch Individuen
worden und beruht auf bloßer Willkür, Satzung, Konvention (So-
vgl. PLATON, Cratylus, ARISTOTELES, WHITNEY, Die Sprachwissen-
schaft, 1874, S. 71 ff.). 3. Nativismus: die Sprache ist angeboren, es besteht
schon ursprünglich eine bestimmte Zuordnung von Lauten zu Vorstellungen
und Objekten Diogen. Laert. X, 75 f.: die S. erst triebartig, später
konventionell; LUCREZ, De rer. natur. V, HERDER, W. V. HUM-
BOLDT, RENAN, STEINTHAL, LAZARUS U. a.). 4. Empiristisch-genetische
Theorie: Entwicklung der Zuordnung (SCHLEICHER, TYLOR, MARTY U. a.; vgl.
KREIBIG, Die intellektuellen Funktionen, 1909, S. 52 ff.). 5. Ursprünglichkeit
der allgemeinen Sprachfähigkeit (AUGUSTINUS, THOMAS VON AQUINO,
Essay III, K. 1, § 1 ff.; GERBER, Die S. und das Erkennen, 1884,
HAGEMANN, Psychol.8, 1911, S. 295, u. a.). Speziellere Theorien s. unten.
Psychologisch erklären den Ursprung der S. DESBROSSES, CONDILLAC,
TETENS (Über den Ursprung der S., 1772), MONBODDO, BONNET, TIEDEMANN
(Versuch einer des Ursprungs der S., 1772), SULZER, HERDER, nach
welchem die S. zunächst als Ausdruck von Gefühlen entsteht, dann aber auch
durch die Besinnung zum Organ des Verstandes wird (Über den Ursprung der
1772, I, 1 ff.) u. a. Nach W. VON HUMBOLDT ist die S. etwas Organisches,
Prozeß, eine lebendige Wirksamkeit des Geistes, Organ und Ausdruck
des der gemeinsamen Natur der des
Volksgeistes. Die Poesie geht der Prosa voran, der Mensch ist zuerst ein
Geschöpf (vgl. HERDER, SPENCER). Die S. ist eine
Es gibt auch eine innere Sprachform (Über die Verschiedenheit des mensch-
lichen Sprachbaues, 1836; 2. A. 1880; WW. VI, S. 37 ff.; Sprachphilos. WW.
1884). Nach STEINTHAL ist die eine Reflexbewegung, ein Ausdruck zu-
nächst von Gefühlen; sie wirkt „befreiend" (Einleit. in die Psychol. Sprach-
wissenschaft I2, 1881, ff.; Der Ursprung der 1888). Ähnlich lehrt
LAZARUS ; die „innere Sprachform" ist die Beziehung der Dinge zur subjektiven
Auffassung (Das Leben der Seele II2, 23 ff., ff.; 3. A. 1883 ff.). Auf den
„Sprachschrei" führt die S. L. GEIGER zurück (Urspr. u. Entwickl. der menschL
Sprache2, 1899, I, 22 ff.). Nach JERUSALEM werden ursprüngliche
laute" zu Sprachlauten durch Abstumpfung des Gefühls infolge Wiederholung
{Lehrb. der Psychol.4, 1907). Nach JODL besteht die S. zunächst in impul-
Ausdrucksbewegungen, welche dann zu Mitteln der Mitteilung werden.
Zu den Interjektionswurzeln kamen wohl früh onomatopoetische Laute, wobei
auch Bewegungen, Gestalten u. a. nachgebildet werden. Der S. geht (wie nach
B. Erdmann) ein „hypologisches" Denken voraus (Lehrb. d. Psychol. 1909,
266 ff.).
Aus dem Mitteilungsbedürfnis leitet MARTY die S. ab (Über den Ursprung
«der S., 1875, S. 63 ff.; vgl. zur Grundleg. der allgem. Grammatik u.
Sprachphilosophie, 1908; Zur Sprachphilos., 1910). — Die soziale Bedingtheit
4er S. betont CASPARI (Urgeschichte der Menschheit 1877, 90 ff.; Einfluß
tonangebender Individuen auf den Bedeutungswandel; so auch L. GEIGER). —
Nach L. (Der Ursprung der S., 1877, S. 323 ff.) und M. MÜLLER (Das
Denken im Lichte der S., 1880; Vorl. über die Wissensch. der S., 1863 f.)
entstand die S. aus einem concomitans", aus Lauten,
gemeinschaftlich arbeitender Menschen, deren Spannung dadurch erleichtert wird.
— Nach WUNDT beruht die S. auf Audrucksbewegungen und tritt zunächst
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften