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664 Synthese.
Meister Eckhart: der gegen das Schlechte aufbegehrt
und zum Guten antreibt („instigat"), als ein dauernder Zustand, der die
Gebote des natürlich-göttlichen Gesetzes bewahrt („habitus continens praecepta
legis naturalis": THOMAS, theol. II, 94, 1 ad 2). Diese Lehre (die viel-
leicht auf das Plotinische Seelenzentrum zurückgeht) findet sich bei HIERONY-
MUS in Ezech., Opera, 1736, V, 16), BASILIUS, GREGOR DEM GROSSEN,.
ALEXANDER VON HALES, ALBERTUS MAGNUS („rationis practicae
inclinans ad bonum et remurmurans in . . . in
toto", Sum. theol. II, 16, 99), THOMAS (vgl. Sum. theol. I, 79, 12; vgl.
RENZ, Die S. nach dem hl. Thomas von Aquino, 1911), BONAVENTURA,
DUNS SCOTUS, JOH. GERSON, MELANCHTHON (De anima, 216 a),
(S. = „conscientiae anim. II, 60) u. a. Vgl. NITZSCH, Jahrb.
f. Protestant. Theol. V, 1879, S. 493; SIEBECK, Arch. f. Gesch. d.
1897; vgl. II, 191 f.); H. APPEL, Die Lehre der Scholast. von der S., 1891;
LEIBER, DYROFF, Philos. Jahrb., 1912. Vgl. Gewissen.
(Synthesis, Zusammenstellung, Verknüpfung) ist, all-
gemein, Verbindung einer Mannigfaltigkeit zur Einheit eines Ganzen. Psycho-
logisch ist die S. die Zusammenfassung des durch Analyse (s. d.) von Zusammen-
hängen gegebenen anschaulichen Mannigfaltigen oder der durch das zerlegende
Denken gesetzten, erhaltenen Bestimmtheiten zur Einheit (Anschauungs- und
gedankliche, begriffliche S.). Die S. ist psychologisch eine Funktion der Apper-
zeption (s. d.), welche aus dem anschaulich- oder gedanklich Gegebenen Teile
heraushebt, auswählt und zu neuer, vorher noch nicht so gegebener Einheit ver-
bindet; insofern ist die S. „schöpferisch". Eine S. findet schon in und an der
Wahrnehmung statt, sie ist an der Erzeugung von Raum- und Zeitvorstellungen
usw. beteiligt. Auf einer S. beruhen ferner z. Teil die logischen Gebilde:
griffe, Urteil, Schluß, in welchen denkend besonderte Inhalte zueinander in
Beziehung gesetzt werden. Endlich hat die S. eine hohe erkenntnistheoretische
Bedeutung. Das erkennende Bewußtsein erzeugt durch seine ursprüngliche
Einheit und Identität, dem „Einheitswillen" folgend,
des anschaulich gegebenen und des gedanklich erzeugten Mannigfaltigen
der Erfahrungsdaten und damit erst objektive, allgemeingültige Zusammen-
hänge (s. Objekt). Die „Anschauungsformen" (Raum und Zeit) und
(s. d.) sind begrifflich fixierte Formen solcher synthetischen Einheit, die
„apriorisch" sind, sofern in ihnen nur objektive Erfahrungszusammenhänge
möglich sind, die durch allgemeingültige, gesetzliche Verknüpfung des Mannig-
faltigen nach ursprünglichen, in der Gesetzlichkeit des Erkennens
wurzelnden Einheits-Gesichtspunkten bedingt sind. Die S. als stetig
einheitlich stattfindender Fortgang des methodisch verfahrenden, zu
immer neuen Verknüpfungen und Erweiterungen des schon Verknüpften über-
gehenden Denkens ist, in ständiger Korrelation mit der Analyse
der Grundprozeß des Erkennens, der Wissenschaft (vgl. Idee, Regulativ, Volun-
tarismus, Tatsache, Unendlich, Zahl).
S. bedeutet ferner die Methode der Ableitung eines Wissensinhalts durch
logische Verknüpfung seiner Elemente (s. Deduktion, Mathematik).
Die synthetische, zur Einheit zusammenfassende Tätigkeit des
Bewußtseins betont schon PLATON (vgl. Theaet. 185 ff.). Von der S. der
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften