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752 Weltschmerz — Werden.
Weltschmerz (JEAN PAUL, Seiina; HEINE) S. Pessimismus. VgL
J. B. MEYER, Weltelend u. Weltschmerz, 1872.
Weltseele ist, nach der Annahme mancher Philosophen, ein
in allen Dingen wirksames, gestaltendes, lenkendes, ordnendes, beseelendes
Prinzip, aus weichem nach manchen die hervorgehen. Die Exi-
einer W. lehren die Pythagoreer, PLATON (Timaeus 34 B f.), die
Stoiker (vgl. MARC AUREL, In se IV, 40; VI, 40), PHILON, PLOTIN
(Ennead. V, 1, 2), PLurARCH von Chaeronea, PROKLUS, die
AGRIPPA (De philos. II, 57), F. (De
mundi, 1525), (Panpsych. IV, 54 CAMPANELLA (De sensu rerum
III, 1 ff.), R. FLUDD, S. MAIMON (Über die W., 1790), SCHELLING (WW. I
4, 569), GOETHE, NOVALIS, FECHNER, EMERSON („Überseele") u. a. Vgl.
JAMES, A Pluralistic Universe, 1903; MÖBIUS, Im Grenzlande, 1905. — Vgl.
Panpsychismus, Bewußtsein, Gott, Logos, Unbewußte (das).
Werden fieri) ist Übergang von einem relativen Nicht-sein in
Sein, von einer Seinsbestimmtheit zur andern, eines „Soseins" zum „Anders-
sein"; Wechsel des Zustandes (s. Veränderung), Auftreten eines solchen (oder
«eines Zustandskomplexes) in einer Phase der Zeit. Alles endliche Sein ist ge-
worden, aus anderem Endlichen hervorgegangen und selbst werdend, sich ver-
ändernd, der Reihe nach andere Bestimmtheiten annehmen, infolge der Wechsel-
beziehungen aller Wirklichkeitsfaktoren. Das Sein (s. d.) selbst ist Erhaltung
im Werden, relativ fixiertes, angehaltenes, gehemmtes Werden, ein Moment im
Werdeprozeß, der als ein stetiger zu denken ist. Das „Seiende" selbst ist das
„Werdende" und das Werdende „ist", sich relativ im Wechsel seiner Zu-
(vgl. Substanz). Das unendliche Werden der läßt sich meta-
physisch als Projektion der überzeitlichen Unendlichkeit des „Absoluten" (s. d.)
in die "Zeit auffassen. Die Totalität der Werdemomente selbst ist nicht zeitlich,
schließt das Zeitliche nur ein; im Absoluten bilden Sein und Werden eine
Einheit, ist das Werden selbst ein Sein oder „Übersein".
Während nach den (s. Sein) das W. bloßer Schein ist, das All
absolut beharrt, ist es nach HERAKLIT der Wechsel selbst, der allein beharrt.
Alles fließt (ndvxa geX), ändert sich, so daß man nicht zweimal in genau den-
selben Fluß steigen kann (nach KRATYLOS auch nicht einmal); nichts bleibt
ndvxa Aber das W. ist streng gesetzmäßig, geregelt,
„Logos" gemäß Vorsokratiker Platon, Cratylus 402 A). Daß
in beständigem Werden ist, lehrt auch PROTAGORAS (Platon, Theaetet
152 D). Nach PLATON sind nur die sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen
stets werdend, nie absolut seiend, die „Ideen" hingegen ohne Werden (Timaeus
21 D, 52 A; Philebus 59 A; vgl. Phaedo 70 E f.). ARISTOTELES sind die
Prinzipien (s. d.) der Dinge ungeworden (wie nach DEMOKRIT die Atome,
usw.). Die „Form" (s. d.) ist als Prinzip ungeworden, das W. selbst besteht
in der Verwirklichung eines Potentiellen, durch die es eine bestimmte Form
annimmt (Metaphys. III 4, 999 b 5 ff.; III 5, 1010 a 15 ff.). Ähnlich lehren
die Scholastiker.
Während SPINOZA das W. aus der „Substanz" (s. d.) ausschließt, die end-
lichen Dinge aber als ständig sich verändernd auffaßt, auch das Seelische (s.
Aktualitätstheorie), HERBART ein absolutes Werden für widerspruchsvoll hält
Veränderung, Reale), nach verschiedenen Philosophen an sich kein W., nur
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften