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Willensfreiheit.
1909; PAYOT, Die Erziehung des Willens, 1910; J. BAUMANN, Über Willens-
u. Charakterbildung, 1897; A. MICHOTTE, Revue neoscolastique, 1911; Archives
de Psychologie X, 1910; G. SURBLED, La 1911; Logique de
la 1902; PAULHAN, La logique de la contradiction, 1911 (S. ff.:
Logik des Willens); G. TARANTINO, Saggio volontä, 1897; CALKINS, Der
doppelte Standpunkt in der Psychologie, 1905; REHMKE, Die Willensfreiheit,
1911 (Der W. ist das Bewußtsein, sofern es „ursächlich auf eine im
Lichte der Lust vorgestellte Änderung bezieht" im Gegensatz zur Unlust an
etwas). — VgL Voluntarismus, Begehren, Streben, Trieb, Wahl, Willkür,
Reaktion, Handlung, Motiv, Willensfreiheit, Gesamtwille, Volition, Nolition,
Zweck, Identitätstheorie, Parallelismus, Willenskritik, Aktivität, Sittlichkeit,
Recht, Norm, Imperativ, Sollen, Aufmerksamkeit, Denken, Staat, Gesamtwille,
Geschichte, Soziologie.
Willensfreiheit (Freiheit). Das Wort „Freiheit" hat eine negative
und eine positive Bedeutung, es bedeutet sowohl die Unabhängigkeit von
irgendwelchem Zwange, das Fehlen eines solchen, als auch die Eigenheit, Selb-
ständigkeit des Handelnden oder des Handelns und Wollens. Freiheit ist zu-
nächst Handlungsfreiheit und besteht darin, daß ein Wesen sich so ver-
hält, wie es seine eigene Natur verlangt, daß es also im Sinne der ureigenen
Tendenzen, der eigenen Richtung zu reagieren vermag. In diesem Sinne ist
nichts in der absolut unfrei, so eindeutig bestimmt, regelmäßig, „not-
wendig" auch die Reaktion der Wesen sein mag. Die Gesetze (s. d.) des Ge-
schehens sind nicht über den Dingen schwebende Mächte, sondern ein Aus-
druck ihrer Wechselwirkungen. Je höher entwickelt, differenzierter, kompli-
zierter ein Wesen ist, je mehr es potentielle Energien in sich aufspeichert und
zu vermag, desto selbständiger, aktiver tritt es der Umwelt gegenüber,
desto unabhängiger wird es von momentanen Einflüssen derselben und schließ-
lich auch von momentanen Reizen aus dem eigenen Kräftesystem. Es wird be-
fähigt, die individuell-einheitliche Grundrichtung seines Wesens gegen-
über allem Fremden, Entgegengesetzten durchzusetzen, es befreit sich immer
mehr, wirkt immer mehr aus eigenen Energiesystems, in dem seine
ganze dynamischeVergangenheit ihre Spuren terlassen hat. So wächst
das Maß der Freiheit immer mehr, physisch sowohl wie psychisch, denn das
organische Kräftesystem ist nur die „Außenseite", die objektive Erscheinung
eben dessen, was unmittelbar, für sich ein Willenssystem, eine gegliederte Ein-
heit des Strebens und Wollens ist. Der Mensch hat also Freiheit des Handelns,
weil er einen Willen hat und unter normalen Umständen zu realisieren vermag,
was er will. Er ist ferner frei, weil er unter normalen Umständen nicht
blinden Trieben gehorchen muß, sondern die Fähigkeit hat, Triebe zu hemmen
und das zu tun, was sein besonnener, vernünftiger, sittlicher Wille fordert oder
was er tun soll Freiheit). Dies beruht darauf, daß zu den Motiven
<s. d.), welche die Richtung des Wollens veranlassen, auch (gefühlsbetonte)
Vorstellungen dessen gehören, was das Ich eigentlich erstrebt, worauf es im
Grunde abzielt, was ihm wahrhaft wertvoll erscheint, und daß solche Motive im
Wettstreit mit anderen zum Siege gelangen, wenn der (H. MAIER)
genügend erstarkt ist. Die psychologisch-sittliche
also eine gewisse „Determination" des Willens nicht aus, aber von Zwang u. dgl.
ist hier nicht die Rede, denn das „Determinierende" ist das selbstbewußte, be-
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften