Page - 11 - in Österreich-Ungarns imperiale Herausforderungen - Nationalismen und Rivalitäten im Habsburgerreich um 1900
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© 2020, V&R unipress GmbH, Göttingen
ISBN Print: 9783847110606 – ISBN E-Lib: 9783737010603
Der Status eines Imperiums versprichtGleichrangigkeitmit anderenGroßrei-
chen und Vorrang gegenüber Staaten, die diese Stufe nicht erreicht haben.
FreilichgabundgibteskeineeindeutigenKriterien,anhanddererwieaufeiner
Checkliste diese Position festgestellt wird. Fremd- und Eigenwahrnehmungen
warendeshalbvonessentiellerBedeutung.Derdafür notwendigeBlickauf an-
derewurdebis indie letzten JahredesHabsburgerreichs gepflegt,wieHannes
Leidinger in seinemBeitrag zeigt. Die relative Stellung zudenRivalen, gerade
angesichtsdereigenenSchwächeimErstenWeltkrieg, triebdieMeinungsführer
um.SiebetontendieErrungenschaftendesVielvölkerreichsunddessenNatio-
nalitätenpolitik, die imKontrast zu vielfacherUnterdrückung anderswo stün-
den.Undsie verglichen sichgernemit denRömern, jenem ,ewigneuen‘, klas-
sischenVorbildallereuropäischenImperien.ImUnterschiedzumMilitärlehnte
aber dieArbeiterpresse die ,kapitalistischen‘ Expansionsbestrebungen abund
empfahl eine friedliche internationalistische Ausrichtung hin zu einem über-
nationalenGroßreich – eine neue Transformation als eine vierte Phase impe-
rialerEntwicklung,dieÖsterreich-UngarnvordemUntergangbewahrensollte.
Aus einer Perspektive nicht der Zentrale, sondern eher der Peripherie un-
tersucht auchMilosˇ Rˇezn&kdieWünsche undVorschläge für einenUmbau, ja
eine Umgründung Österreich-Ungarns. Sein Blick reicht zurück bis ins
19. Jahrhundert undgilt neben tschechischenPolitikernwieFrantisˇekPalacky´
undW#clawWladiwojTomekauch solchenvomBalkanwie Josip Frankoder
Leon Bilin´ski aus Galizien. Sie trieb insbesondere die sogenannte ,slawische
Frage‘um,dieuntrennbarmitdemVerhältniszumrussischenImperiumalsder
selbsterklärtenSchutzmachtallerSlawenverbundenwar.Hierkönne, jamüsse
dieDonaumonarchie einGegengewicht bilden, InklusionundTeilhabe voran-
bringenundgegebenenfalls sogar expandieren, umeinAusgreifendesRivalen
zu verhindern. Derartige Ideen, bis hin zu Vorstellungen einer Föderation,
solltendaseigeneImperiumweiterprosperierenlassen–abersiewarenzugleich
eineenormeHerausforderung fürdieZentralen inWienund insbesondereBu-
dapest, die sichmitMachtansprüchenkonfrontiert sahen,die letztlichauf ver-
schiedene, insbesondere jedoch nationale Selbstbeschränkungen hinausgelau-
fenwären.
EingedenkdesübergreifendenhistorischenKonsenses geht dieser Sammel-
band affirmativ davon aus, dass dieHabsburgermonarchie in der Tat ein Im-
periumwar und damit auch analytisch in diesemSinne zu greifen ist – denn
theoretischeÜberlegungen bieten vielerlei Ausgangspunkte für lohnendeUn-
tersuchungsgegenstände.StatischeKriterienwieetwadieDauerderHerrschaft
oderderengeographischeAusdehnung, die vielfachangelegtwerden,5 erschei-
5 Etwa:HerfriedMünkler, Imperien.DieLogikderWeltherrschaft–vomAltenRombiszuden
VereinigtenStaaten,Berlin2005, S. 23.
Einleitung:Österreich-Ungarns imperialeHerausforderungen 11
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Österreich-Ungarns imperiale Herausforderungen
Nationalismen und Rivalitäten im Habsburgerreich um 1900
- Title
- Österreich-Ungarns imperiale Herausforderungen
- Subtitle
- Nationalismen und Rivalitäten im Habsburgerreich um 1900
- Authors
- Wolfram Dornik
- Bernhard Bachinger
- Stephan Lehnstaedt
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1060-3
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- KUK, K.U.K, Habsburg, Monarchie, Österreich-Ungarn
- Categories
- Geschichte Vor 1918