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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX
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der Bildersturm der böhmischen hussiten 33 lich, was ein Kultbild sei, entbehrt bis heute einer klaren Lösung, und zwar schon deshalb, weil das Phänomen auf der Grenze zwischen Kunstge- schichte, Religionswissenschaft und Philosophie angesiedelt ist. Jedoch hat es in den letzten Jah- ren den Anschein, daß man sich einer Einord- nung des Kultbildes in den Rahmen des Disposi- tivs der rituellen Performanz nähert.19 Soweit die Positionen der Kunsthistoriker. Die hoch- und spätmittelalterlichen Reformkritiker sahen reli- giöse Bilder aus einem ganz anderen Blickwin- kel. Das Bild war für sie aus zwei Gründen ein Problem. Der eine Grund war die Frage, ob die Repräsentation der heiligen Gestalt wahr und legitim sei, der zweite ergab sich aus der religi- ösen Praxis, welche die ungebildeten Gläubigen um das Bild entfalteten. Nach diesem klärenden Vorlauf können wir uns nun dem Problem des Streits um die religi- ösen Bilder im hussitischen Böhmen widmen. Mit den Begriffen Ikonophobie und Ikonoklas- mus werden zwei Phasen dieser Auseinanderset- zung bezeichnet. So will man eine Frühzeit des Widerstandes gegen die religiösen Bilder von den folgenden Ereignissen unterscheiden, die zur physischen Zerstörung und Eliminierung der Bilder führten.20 Allerdings fragt es sich, wie sinnvoll diese Unterscheidung ist, wenn wir mit gleichem Maß nicht auch den byzantinischen Ikonoklasmus messen, und dort ist eine der- artige Differenzierung nie eingeführt worden. Die Unterscheidung zweier Phasen suggeriert einen gewissen Abstand zwischen einer – aus moderner, besonders aus protestantischer Sicht – positiv zu wertenden theologischen Theorie und einer inakzeptablen barbarischen Praxis. Im Fall der Hussiten läßt sich diese Unterschei- dung textlich untermauern, und zwar anhand einer der Schlüsselfiguren der Bewegung nach Huß’ Märtyrertod: Die Rede ist von Jakob von Mies – jenem Mann, welcher der „Entdecker“ der Kelchkommunion und Huß’ Nachfolger auf der Kanzel der Bethlehemkapelle war. Er war der Autor einer Predigt gegen die Bilder, die angeblich im Januar 1417 in der Teynkirche gehalten wurde. Bei genauer Lektüre erweist sich der überlieferte Wortlaut allerdings als ein latei- nisches Traktat, das nicht für den direkten Vor- trag vor Laienpublikum bestimmt gewesen sein kann.21 In einer Schrift von 1429 klagte Jakob bitter enttäuscht, der Bildersturm – ebenso wie die Ablehnung liturgischer Vorschriften und der zugehörigen Ausstattung (Ornate, Gefäße) – sei eine jener Gesten gewesen, mit welchen die chiliastisch begeisterten Radikalen der frühen zwanziger Jahre in ihrer Straßenrevolte die Causa der Kirchenreform pervertiert hätten, was deren konsequente und verantwortungsvolle Durch- führung dann verhindert habe.22 Zwar verurteilt Jakob hier nicht die Entfernung der Bilder aus den Kirchen, aber den radikalen Charakter der chiliastischen Phase des Hussitismus. Dane- ben weisen mehrere Berichte darauf hin, daß es zur Entfernung und Schändung von Bildern in Böhmen bereits vor 1419 kam, als die bewaffne- te Revolte ausbrach. Schon 1415 hatte das Kon- liche Kunst. Ihre Anfänge – ihre Strukturen, München 1994; C. Hahn, Portrayed on the Heart. Narrative Effect in Pictorial Lives of Saints from the Tenth through the Thirteenth Century, Berkeley 2001; G. Kerscher (Hrsg.), Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur, Berlin 1993. 19 A. Lidov, The Flying Hodegetria. The Miraculous Icon as Bearer of Sacred Space, in: E. Thunø/G. Wolf (Hrsg.), The Miraculous Image in the Late Middle Ages and Renaissance, Rom 2004, S. 273–304; A. Lidov (Hrsg), Hiero- topy. The Creation of Sacred Spaces in Byzantium and Medieval Russia, Moskau 2006. 20 Der Begriff der Ikonophobie wurde aufgrund der Studien von Jana Nechutová in den 70er Jahren übernommen, vgl. vor allem J. Nechutová, Prameny předhusitské a husitské ikonofobie, in: Husitský Tábor 8, 1985, S. 29–38. 21 K. Sedláčková, Jakoubek ze Stříbra a tzv. týnské kázání z 31. ledna 1417. Názory předhusitských a husitských ‘reformátorů’ na obrazy, in: Opuscula historiae artium – Sborník prací filosofické fakulty brněnské university, Reihe F, Nr. 48, 2004, S. 7–43. 22 J. Sedlák, Liturgie u Husa a husitův. Studie a texty k náboženským dějinám českým II/2, Prag 1915, S. 144.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume
LIX
Editor
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German, English
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Size
19.0 x 26.2 cm
Pages
280
Keywords
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Category
Kunst und Kultur
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