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der Bildersturm der böhmischen hussiten 37
gegenseitig bedingten. Für Huß war John Wyclif
die zentrale intellektuelle Autorität, im böhmi-
schen Raum aber hatte Matthias von Janow das-
selbe Gewicht wie Huß. Nach Huß’ Tod nahm
sein Einfluß mit der Generation der Radikalen
noch zu. Die oben erwähnten Berichte über die
Schändung von Bildern vor dem Ausbruch der
Revolution 1419 sind Taten gebildeter Individuen
aus Janows Umkreis.
Matthias von Janows Beitrag zur Theologie
des christlichen Bildes und seine Stellung in der
religiösen Praxis ist von grundlegender Bedeu-
tung und wurde zum Fundament, auf dem die
radikalen Autoren des Hussitismus wie Nikolaus
von Dresden, Peter Payne und Jakob von Mies
bauten. In der böhmischen Diskussion werden
die Standardargumente zu Zulässigkeit und
Funktion der religiösen Bilder zwar so zitiert,
wie sie die Scholastik aus den Diskussionen um
den Ikonoklasmus im Osten übernommen hatte, es ist aber klar, daß es dabei vor allem um den
pflichtschuldigen Nachweis der Kenntnis von
Autoritäten ging. Eigentlicher Ausgangspunkt
für die Lehre der Prager Magister war die Über-
zeugung, die Eucharistie sei die einzige authenti-
sche, legitime und zulässige Repräsentation Jesu
Christi. In dieser Form soll Christus das alleinige
Zentrum aller Verehrungsaktivitäten der Gläu-
bigen in der Kirche sein. Demgegenüber stellen
die Reformatoren fest, daß die Menschen in der
Kirche nicht den in der Eucharistie anwesenden
Christus, sondern die Bildern verehren. Die Bil-
der sind als Adressaten von Gebeten beliebt, an
sie knüpft sich die Hoffnung auf deren Wirk-
samkeit. Wenn es sich um Bilder schöner Frauen
handelt, sprechen sie die Männer daneben ero-
tisch an. Die Verehrung von Bildern ist somit
doppelt unzulässig: Zum einen darf sie nicht
riskieren, im Sinn von Götzendienst dem blo-
ßen materiellen, von Menschenhand gefertig-
2: Vesperbild aus der Georgskirche
auf dem Prager Hradschin. Peter
Parler?, Pläner Kalkstein, ca. 1360–70.
Die Skulptur ist vermutlich von den
Hussiten zerbrochen worden, im
17. Jahrhundert wurde sie renoviert,
nach 1960 restauriert.
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Volume
- LIX
- Editor
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Size
- 19.0 x 26.2 cm
- Pages
- 280
- Keywords
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Category
- Kunst und Kultur