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Milena
bartlová44
wesentlich breitere Erscheinung, und tatsächlich
scheint sein bedeutendsten Beitrag zur Geschich-
te in seiner zur Normalität gewordenen Gestalt
zu liegen: Aus der sozial stabilisierten Reforma-
tionsbewegung wurde eine von Rom unabhän-
gige Kirche und als solche die erste in Europa,
die ein ganzes Jahrhundert lang als politisch
eigenständige Kraft in einem keineswegs unbe-
deutenden Königreich fungierte. Das stabilisierte
Hussitentum mußte notwendigerweise Existenz und Wesen der neuen Kirche propagieren, die
sich selbst als eine katholische sah, d.h. als den
böhmischen Teil einer Kirche, der sich vom grö-
ßeren römischen abhob.51 Fundament der eigen-
ständigen Kirche konnten nur Märtyrer sein, vor
allem Johannes Huß (Abb. 4, 5), aber auch Hie-
ronymus von Prag, die Gruppe der Kuttenber-
ger Hussiten und die drei Knaben, die bei einem
Streit um Ablässe hingerichtet worden waren.52
Ihre Propagierung war nicht anders möglich, als
4: Martyrium des
hl. Johannes Huß, Retabel-
flügel aus Raudnigg/Roudníky
in Nordböhmen, vor 1486
(Detail)
51 Zur Terminologie vgl. P. Hlaváček, Confessional Identity of the Bohemian Utraquist Church: the transfer of priests
from the sub una to the sub utraque obedience, in: Bohemian Reformation and Religious Practice VI, 2004, S.
209–214.
52 Die liturgischen Texte wurden herausgegeben von V. Novotný (Hrsg.), Fontes rerum Bohemicarum, VIII, Praha
1932; eine Interpretation bietet P. Čornej, Husův kult v 15. a 16. století, in: Muzejní a vlastivědná práce-Časopis
Společnosti přátel starožitností 1995, S. 247–249. Vgl. auch P. Rychterová, Jan Hus zwischen Charisma und Insti-
tution, in: P. Rychterová/S. Seit/R. Veit (Hrsg.), Das Charisma – Funktionen und symbolische Repräsentatio-
nen: Historische, philosophische, islamwissenschaftliche, soziologische und theologische Perspektiven, Berlin 2008,
S. 423–445. Zur Ikonographie M. Kubíková, The Heretic’s Cap of Hus, in: Bohemian Reformation and Religious
Practice IV, 2000, 143–150; M. Bartlová, ‘Upálení sv. Jana Husa’ na malovaných křídlech utrakvistického oltáře z
Roudník, in: Umění 53, 2005, S. 427–443.
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Volume
- LIX
- Editor
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Size
- 19.0 x 26.2 cm
- Pages
- 280
- Keywords
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Category
- Kunst und Kultur