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,hier wird einmal gutt ruhen seyn‘ 111
volutam continet.29 Zusätzlich zur detaillierten
Beschreibung des Paares erscheint hinsichtlich
der Attribute des Genius vor allem eine Interpre-
tationsebene ins Spiel gebracht – der Kranz mit
sieben Sternen (vgl. Apk 1, 20) steht demnach
für die „selige Ewigkeit“ (beatae aeternitatis) und
die lorbeerumwundene Posaune für „Ruhm“
(Famae). Somit wird mit der Sternenkrone und
der Posaune als den Attributen des Genius der
antike – im Begriff der beata aeternitas über Au-
gustinus30 vermittelte – Bedeutungshorizont an-
gesprochen.
Gerade der Begriff Aeternitas weist im kon-
kreten Zusammenhang des römischen Kaiser-
kults außerordentlich vielschichtige Dimen-
sionen auf:31 Mit „Verewigung“ ist zugleich die
„Vergöttlichung“ verbunden, die mit dem latei-
nischen Begriff der Consecratio bezeichnet wird.
Unter dieser versteht man die Aufnahme eines
neuen Gottes in die Reihe der Staatsgötter – in
der römischen Kaiserzeit die Apotheose der ver-
storbenen Kaiser und Mitglieder der kaiserlichen Familie.32 Seit Julius Caesar zählte die Apotheose
zum fixen Bestandteil des römischen Kaiserkul-
tes. Diese erfolgte in Zusammenhang mit der
Bestattung – in Szene gesetzt als Entrückung des
Kaisers vom Scheiterhaufen in den Himmel. Das
Trauergerüst der Universität für Kaiser Karl VI.
in St. Stephan in Wien (1740, Stich von Andreas
Schmutzer)33 vollzieht sogar eine Integration der
Aeternitas in doppelter Hinsicht, indem einerseits
AETERNITAS / AVGVSTI die zentrale Inschrift
am Obelisken ist und andererseits das von einem
Lorbeerkranz eingefasste Bild des Verstorbenen
von Chronos mit einem Sternenkranz bekrönt
wird. Auf einen unbekannten Künstler geht eine
Entwurfszeichnung für eine Medaille auf den
Tod von Prinz Eugen (1736) zurück, die am Avers
die Umschrift FORTITVDINIS SACRA AE-
TERNITAS in Kombination mit einer Sternen-
krone über einem antiken Altar zeigt.34 In einer
Medaille, die von Georg Wilhelm Vestner 1736
– ebenfalls im Gedenken an den Tod des Prinzen
Eugen geschaffen wurde – wird der Verstorbene
29 Ebenda, S. 447.
30 Vgl. C. Mayer (Hrsg.), Augustinus-Lexikon, 1, Basel/Stuttgart 1986, „Aeternitas“: Sp. 159–164 (G. J. P. O’Daly),
„Beatitudo“: Sp. 624–638 (H. de Noronha Galvão).
31 F. Cumont, L’Éternité des empereurs romains, in: Revue d’Histoire et de Littérature religieuses, 1, 1896, S. 435–452.
– H. U. Instinsky, Kaiser und Ewigkeit, in: Hermes – Zeitschrift für Klassische Philologie, 77, 1942, S. 313–355. –
T. Klauser (Hrsg.), Reallexikon für Antike und Christentum, 1, Stuttgart 1950, Sp. 193–204, hier Sp. 198–199 (H.
Sasse). – R. Étienne, Aeternitas Augusti – Aeternitas Imperii, in: Les grandes Figures religieuses – Fonctionnement
prâtique et symbolique dans l’Antiquité (Lire les polythéismes, 1 = Annales litteraires de l’Université de Besançon,
329), Paris 1986, S. 445–454.
32 Zusammenfassend: E. Beurlier, Le culte impérial. Son histoire et son organisation depuis Auguste jusqu’à Justi-
nien, Paris 1891, S. 55–71. – G. Wissowa (Hrsg.), Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft,
neue Bearbeitung, 4, Stuttgart 1901, Sp. 901–902 (G. Wissowa). – E. Bickermann, Die römische Kaiserapotheose,
in: Archiv für Religionswissenschaft, 27, 1929, S. 1–34, wiederabgedruckt in: A. WŁosok (Hrsg.), Römischer Kai-
serkult (Wege der Forschung, 372), Darmstadt 1978, S. 82–121. – O. Schmitt (Hrsg.), Reallexikon zur deutschen
Kunstgeschichte, 1, Stuttgart 1937, Sp. 842–852 (C. Sommer). –J. von Schlosser, Tote Blicke. Geschichte der Por-
trätbildnerei in Wachs. Ein Versuch, T. Medicus (Hrsg.) (Acta humaniora), Berlin 1993, S. 21–26.
33 Wien, Wien Museum, Inv.-Nr. 21.591 bzw. 88.789/2, vgl. M. Brix, Trauergerüste für die Habsburger in Wien, in:
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 26, 1973, S. 208–265, hier S. 250, Abb. 235. In der Publikation von J. C. von
Newenstein mit dem Titel „Apotheosis Magno et Augusto Carolo, Impp. VI. [...], Wien 1740, hier S. 23–24, wird
die römische Apotheose ausführlich auf den verstorbenen Kaiser Karl VI. bezogen; zu Newenstein: J. F. Flood,
Poets Laureatae in the Holy Roman Empire. A bio-bibliographical Handbook, 3, Berlin 2006, S. 1430–1432.
34 L. Popelka, „Eugenius in nummis“. Kriegs- und Friedenstaten des Prinzen Eugen in der Medaille, Ausstellungska-
talog, 18.10.1986-07.01.1987, Wien, Heeresgeschichtliches Museum, Wien 1986, S. 239, Nr. 256, vgl. hier die Publi-
kation „Pompa triumphalis aeternae felicique memoriae magni et magnanimi Ducis, Eugenii, [...]“, Wien 1736, o.S.
([...] VIII. AETERNITAS, omnium corona virtutum, [...]).
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Volume
- LIX
- Editor
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Size
- 19.0 x 26.2 cm
- Pages
- 280
- Keywords
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Category
- Kunst und Kultur