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,hier wird einmal gutt ruhen seyn‘ 115
tische Form“ der höfischen Porträtskulptur des
18. Jahrhunderts, wie sie aus der römischen Ba-
rockplastik50 übernommen wurde und auch an
habsburgischen Sarkophagen (Joseph I. [1712],
Karl VI. und Elisabeth Christine) prominent
auftritt, ist am Prunksarkophag in die vollplas-
tisch-lebensnahen Bildnisse des Kaiserpaares, die
von der vorderen Schmalseite eine strenge Profil-
ansicht zeigen, übersetzt. Die Medaille als Gat-
tung fungiert somit bei Moll zwar als Anreger für
den Typus einander zugewendeter Personen, aber
sie wird nicht mehr – wie noch bei den älteren
Sarkophagen – wörtlich in monumentaler Form
zitiert, sondern in vollplastischer Gestaltung in
einen szenischen Charakter übergeführt. Dieser
Typus einander zugewendeter Profilbildnisse tritt
bereits in der französischen Medaillenkunst des
späten 17. Jahrhunderts auf: Der Revers einer
Medaille auf den Dauphin, den zukünftigen Kö-
nig Ludwig XV., zeigt diesen und seine Gemah-
lin Maria Anna von Bayern (1680)51 im Profil,
eine Tradition, die auch später beibehalten wird,
wie der Avers einer Medaille (LA NAISSANCE
DES DAMES DE FRANCE, 1727) mit Ludwig
XV. und seiner Gemahlin zeigt (Abb. 12).52 Auch
im habsburgischen Bereich ist dieser Typus be-
liebt – anschaulich im Stich nach einer Medaille
von Philipp Heinrich Müller mit den einander
zugewendeten Profilköpfen von Kaiser Joseph I.
und Amalie Wilhelmine (1699) (Abb. 13).53 Noch
eine Silbermedaille aus Kremnitz, geschaffen von
Matthäus Donner (1751), bildet die gekrönten
Häupter von Franz Stephan und Maria Theresia in Profilbildnissen ab (Abb. 14).54 Die breite Aus-
prägung dieses Typus im Rahmen der Medail-
lenkunst – ausgehend von antiken Vorbildern55
– schuf eine Voraussetzung für eine entsprechen-
de Monumentalisierung in der Sarkophagplastik.
Die christliche Deutung des Prunksarko-
phags lenkt notwendigerweise den Blick auf die
Inszenierung der kirchlichen Trauerfeierlichkei-
ten: Ein Circulare vom 16. September 1765 be-
50 J. Montagu, „Medals“ in Roman Baroque Sculpture, in: The Medal, 1986, Nr. 9 (special issue), S. 55–63.
51 Médailles sur les principaux évenéments du règne de Louis Le Grand avec des explications historiques, Paris 1702, S.
181 (pl.).
52 N. Godonesche, Médailles du règne de Louis XV., Paris 1736, pl. 35, vgl. F. Page-Divo / J.-P. Divo, Médailles de
Louis XV. Les médailles de la série uniforme émises sous le règne de Louis XV., Paris 2009.
53 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg 173 162/6 in Ptf. 127:(86).
54 Probszt-Ohstorff, Schau- und Denkmünzen (zit. Anm. 36), Nr. 105. – M. Čelková, Kat. Nr. 7.17.3, in: R.
Zedinger (Hrsg.), Lothringens Erbe, Franz Stephan von Lothringen (1708–1765) und sein Wirken in Wirtschaft,
Wissenschaft und Kunst der Habsburgermonarchie, Ausstellungskatalog, Schloß Schallaburg, Niederösterreichi-
sches Landesmuseum, Kunsthistorisches Museum Wien, 29.04.200-29.10.2000, St. Pölten 2000, S. 148.
55 Medaille mit den Profilköpfen der römischen Kaiser Titus und Domitian (71 n. Chr.): URL: http://www.coinarchi-
ves.com/a/lotviewer.php?LotID=207194&AucID=283&Lot=528 [20.04.2011].
12: Medaille auf König Ludwig XV. und seine Gemahlin,
1727, in: N. Godonesche, Médailles du règne de Louis XV.,
Paris 1736, Taf. 35
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Volume
- LIX
- Editor
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Size
- 19.0 x 26.2 cm
- Pages
- 280
- Keywords
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Category
- Kunst und Kultur