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Kunst und Kultur
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX
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walter jürgen Hofmann128 fast zweiwöchigen Verschiebung endlich am 12. Oktober 1711 vonstatten gegangen war, ist der 14. Oktober der früheste Termin für die Ausfer- tigung des Dekrets,5 dessen Beurkundung die vollzogene Kaiserwahl voraussetzt. Das Gesche- hen spielte sich in drei untereinander abhängigen Schritten ab, zuerst die Wahl am 12. Oktober, die mit dem erfolgreichen Ausgang für Karl endete, sodann das Dotationsdekret für Lothar Franz zwei Tage danach. Mehr Aufschluß über die Beweggründe, die Lothar Franz bei seinem Bauvorhaben leiteten, verspricht die zurechtgerückte Chronologie erst, wenn sie zum Wahlgeschäft selbst, woraus die Kaiserwahl mit der Dotation in ihrem Gefolge resultierte, in Bezug gesetzt wird. Dann fängt das Dekret an zu sprechen und spricht diejenigen Schlüsselworte aus, die für die Programmatik des Schlosses bestimmend sein werden. Das Dotati- onsdekret steht nicht nur am Beginn des Schloß- bauwesens. Vor allem bewahrt es den Ursprung seiner Ikonologie. Zum Anlaß der Honorierung des Kurfürsten durch den designierten Kaiser wurde die WaahlCapitulation genommen und die hinwegräuhmung der dabey sich hervorgetha- nen difficultäten – jener glückhliche ausschlag der Wahlprozedur, den Karl allein dem taktischen Geschick von Lothar Franz zu verdanken hatte. Dem Stand des Kürverfahrens gemäß, firmiert Karl noch nicht als Kaiser, sondern führt den Ti- tel einer Römi(sch): Königl: Mayst, den er durch den Wahlakt erworben hatte und den er bis zu seiner Kaiserkrönung trug.6 Die difficultäten bei den Verhandlungen über die Wahlkapitulation gingen von Kurpfalz und Kursachsen aus, den Reichsvikaren für Ita- lien und für Deutschland.7 Beide strebten an, ihr einträgliches Vikariat nicht nur während eines Interregnums zu versehen, sondern be- anspruchten seine Ausübung auch bei lang- wieriger Erkrankung des Kaisers und sogar bei seiner Abwesenheit im Krieg oder auf italie- nischem Boden.8 Unter seinem Vorsitz sorgte Lothar Franz im Kurfürstenrat für die hinweg- räuhmung derartiger Begehrlichkeiten, die sich gegen die Grundfesten des Kaisertums und des Reichs, aber ebenso gegen sein eigenes, privile- giertes Amt des Reichserzkanzlers richteten. Mit einem Ausdruck, dessen Verwendung wegen seiner fluktuierenden Begrifflichkeit besonders tief blicken läßt, heißt dieses Vorgehen im De- kret Vergleichung. Der Terminus benennt die Ei- nigung unter den Kurfürsten, die Lothar Franz gelungen war, doch meint er genauso den Aus- gleich mit Karl.9 Schon der selben Tiefsinnigkeit teilhaftig, wie sie die Ikonologie Pommersfeldens 5 Zur Kaiserwahl von 1711 vgl. H. Hantsch, Reichsvizekanzler Friedrich Karl von Schönborn, Augsburg 1929, S. 158–159 (auch mit falschen Daten über das kaiserliche Wahlgeschäft und das Dotationsdekret). – Eine vor allem aus den Erzkanzler- und Reichstagsakten gezogene Darstellung bei A. Schröcker, Ein Schönborn im Reich. Studien zur Reichspolitik des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn (1655–1729), Wiesbaden 1978, S. 119–123. 6 Hantsch, Reichsvizekanzler (zit. Anm. 5), S. 161. Falsch gelesen steht in Q 1582 = 248 a die unzutreffende Titula- tur „ksl.kgl.“ Da der Ehe Kaiser Josephs I. kein Sohn entsproß, aspirierte schon bald nach dessen Inthronisation Karl, sein jüngerer Bruder, auf die Erhebung zum römisch-deutschen König, einer Herrschaftswürde, die Joseph als Thronfolger innegehabt und die ebenso Karl als Thronfolger ausgewiesen hätte. Die Nachfolgeproblematik im Reich nötigte dazu, zuerst Friedrich Karl und dann auch Lothar Franz frühzeitig in diese höchst geheimen Absich- ten einzuweihen (Hantsch, Reichsvizekanzler (zit. Anm. 5), S. 148 und Hofmann, Pommersfelden (zit. Anm. 4), S. 29, Anm. 168). 7 Schröcker, Schönborn (zit. Anm. 5), S. 121–122, der im Zusammenhang mit der Kaiserwahl die Vorgänge um die Wahlkapitulation jedoch zu einseitig akzentuiert. 8 Hantsch, Reichsvizekanzler (zit. Anm. 5), S. 155 und S. 160, sowie Schröcker, Schönborn (zit. Anm. 5), S. 122, der allerdings das Dotationsdekret entweder nicht kennt oder nicht beachtet. 9 Im Sprachgebrauch der Zeit hieß Vergleichung soviel wie friedliche Übereinkunft, Einigung, Herstellung und Erlangung von Eintracht. So trägt der Traktat Sigismund von Birkens über den Westfälischen Frieden, „Die Fried-
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume
LIX
Editor
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German, English
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Size
19.0 x 26.2 cm
Pages
280
Keywords
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Category
Kunst und Kultur
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