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Kunst und Kultur
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX
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walter jürgen Hofmann150 zwischen ihm und dem Kaiserpaar hervor, dem er durch die Kaiserwahl den Weg zum Thron bereitete. Darauf beruht schließlich die Liebe, die Kaiser und Kurfürst, Reichserzkanzler und Reichsoberhaupt vereint, und die daran sichtbar wird, daß mit der redenden Geste der Eintracht auch Amor und Herkules zum Paar verbunden sind.88 Wie beziehungsreich die Pommersfeldener Version das Emblem glossiert, zeigt der Vergleich mit ihrem Vorbild. Er erlaubt einen Schluß da- rauf, in welcher Tendenz die ikonologischen Quellen tiefgreifend umgedeutet werden. Das Vorgehen ist so konsequent, daß es Einblick verschafft in das Wirken einer Bedeutungsab- wägung, die mit feinsten Gewichten noch die geringsten Bedeutungsnuancen auszutarieren weiß. Mit jenem Mittel der bezeichnenden Ab- weichung, wie es in Pommersfelden öfters zur Anwendung gelangte, wird die Fassung des Em- blems, die Lothar Franz in die Archivolte malen ließ, modifiziert und von ihrer Vorlage abgelöst. Der Tugendpfad ist kein mühsamer Aufstieg mehr, sondern gleicht einer ebenen Bahn, die ei- gens für den gemeinsamen Gang der Tugend mit der Liebe geglättet wurde. Der zerfetzte Baum- stamm bleibt zurück, kein Hindernis steht mehr im Weg, völlig gerade folgt er seinem vorgegebe- nen Verlauf, auf dem Herkules wie auf einer Spur Amor führt und geleitet. Einträchtig schreitet das gegensätzliche Paar voran. Die Pommersfeldener Variante verstärkt die Verschlüsselung, da der Grund für die Unter- scheidung aus dem Vergleich beider Embleme nicht aufscheint. Andererseits erfolgt ein Anstoß, sich in die abweichende Wiedergabe zu versen- ken, um ihrer noch verborgenen Sinnhaftigkeit gewahr zu werden. Ein Bild-und Denkspiel hebt an, das darauf aus ist, die erhellende Einsicht zu gewinnen. So mit den allegorischen Versatzstü- cken zu verfahren, ist nicht nur geistreich. Es rührt ans Tiefsinnige. Die Suche endet, sobald die bereinigte Bildsituation des abgewandelten Emblems durchschaut wird. Dann verbreitet es eine Anweisung, die von seiner Vorzugsposition im Hauptsaal gleichsam abstrahlt und schlüssig angibt, wie die Innenraumfolge des Mittelbaus zu „lesen“ ist. Gleich einem Bedeutungskonzen- trat enthält und verrät das Schlüsselemblem den Sinn des Schlosses, der sich wiederum über die Redaktion eines gängigen Vorbilds ausspricht. Der beschwerliche Stufenweg der Treppe ist überwunden, der Aufstieg in eine höhere Welt vollbracht. Sein Ziel, das Ovalvestibül, die pane- gyrische Feierstätte für Lothar Franz und der Be- deutungskern Pommersfeldens, ein dreifach sich steigernder Höhenraum mit den drei Grazien im Scheitel, ist erreicht.89 Die Gaben der Grazien sind verteilt und haben im Schloß Gestalt ange- nommen. Concordia präsentiert die Belohnung, ein Paar der hesperidischen Goldäpfel, und ist dabei, sie dem Hercules Imperii auszuhändi- gen, der mythisch-allegorischen Hypostase des Kurfürsten. Die „Wohnung der Tugend und der Liebe“, der Hauptsaal mit seiner emblematisch ausgewiesenen Leitanschauung, wie sie das Sinn- 88 Eine Wiedergabe der Pommersfeldener Version bei Harms/Freytag, Außerliterarische Wirkungen (zit. Anm. 85), Abb. 100; dort erwähnt Harms (S. 151–152) das Emblem in seinem Beitrag über „Die emblematische Selbstdarstel- lung des Auftraggebers in Pommersfelden“, beachtet jedoch weder die deutsche Übersetzung noch die bildliche Umdeutung, so daß ihm entgeht, worum es sich dreht. 89 Entgegen der Auffassung von Stephan, Im Glanz der Majestät (zit. Anm. 46), Textband S. 355, ist die Treppe kein „iter virtutis“, sondern der Aufstiegsweg zum Ruhm, da beide Treppenarme symmetrisch zum Ruhmestempel für Lothar Franz hinaufführen, und zu den Tugenden, in deren illusionierten, den Ruhmestempel übergreifenden Hochtempel die Gestalt des Hercules Imperii emporschwebend aufgenommen wird. Der Ruhmestempel liegt auf gleicher Höhe mit der Galerie von Jupiter und Juno im Umgang des ersten Stocks, eine „seitengerechte“ Allusion auf den Kaiser und die Kaiserin. Der Tugendtempel erreicht die Höhe des obersten Umgangs, der zu einer Herku- les- und Sonnengalerie ausgestattet ist. Darüber erscheint in der obersten Raumzone der Grazienhimmel.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume
LIX
Editor
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German, English
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Size
19.0 x 26.2 cm
Pages
280
Keywords
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Category
Kunst und Kultur
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